Der Bevölkerungsaustausch findet nicht erst seit 2015, sondern seit Jahrzehnten statt. In seinem Beitrag wirft unser Gastautor Sven Müller einen umfassenden Blick auf die Stellungnahmen dreier prominenter SPD-Politiker zur sogenannten Ausländerfrage in den 80er und 90er-Jahren. Er kann zeigen: es gab genug Warnungen und kritische Stimmen – doch keinerlei Taten.
Von Sven Müller
Die Realität kann niemand ändern. Verdrängt man sie eine Weile, kommt sie umso härter zurück. Genau das ist der SPD oft genug passiert. Wenn wir heute vor einem unübersehbaren Bankrott der etablierten Politik in der „Migrationsfrage“ stehen, kommt dies nicht aus heiterem Himmel. Auch in der SPD gab es auf allen Ebenen immer wieder kritische Stimmen zur Ausländerproblematik, besonders von jenen, die unmittelbar in der politischen Verantwortung standen. Der folgende Blick auf drei verschiedene Ebenen zeigt exemplarisch, wie realistisch Verantwortungsträger das wachsende Problem sahen, obwohl sie eine wesentliche Mitschuld daran trugen.
Sie tragen alle ihren Teil der Verantwortung
Die folgenden Zitate unmittelbar Beteiligter helfen die Frage zu beantworten, ob man blind oder sehenden Auges in die Katastrophe gesteuert ist. Was dachten ein SPD-Bundeskanzler oder ein SPD-Ministerpräsident und späterer „Ausländerbeauftragter“, und wie sah es ein SPD-Kommunalpolitiker im Range eines Großstadtbürgermeisters? Man ist im Nachhinein überrascht zu lesen, was heute niemand mehr in der SPD öffentlich zu äußern wagen würde.
Helmut Schmidt, der Bundeskanzler
Fangen wir mit Helmut Schmidt, an, der von den drei dargestellten Ebenen den besten Überblick und die meiste politische Macht innehatte. Auch Helmut Schmidt hat als Bundeskanzler ein Anwachsen der ausländischen Bevölkerung in der BRD zu verantworten. Daneben steht seine weitgehende Untätigkeit bei der Stabilisierung der deutschen Geburtenquote. Er half letztlich an exponierter Stelle mit, die Grundlagen für den „Großen Austausch“ zu legen.
„Dann muss ich für unser Vaterland schwarz sehen“
Erst 1981, nach sieben Jahren Kanzlerschaft und einer mit verursachten fatalen Entwicklung brachte er es zutreffend auf den Punkt: „Es war ein Fehler so viele Ausländer ins Land zu holen.“ (Der Spiegel 50/1981). Insofern sind seine späteren Einsichten zwar zutreffend, seine Reue kam aber viel zu spät. 2006 gab Schmidt angesichts einer rasanten negativen Entwicklung eine düstere Prognose ab: „Wenn wir auf Jahrzehnte so weiterfahren wie bisher, dann muss ich für unser Vaterland schwarz sehen.“ (Gespräch in der Dokumentarreihe „Der Fall Deutschland“, Phoenix, 12. Februar 2006).
Multikulti funktioniert nur mit „Obrigkeitsstaat“
Nachdem Schmidt die Problematik einer multikulturellen Gesellschaft auf Grund langjähriger Erfahrungen und wachsender Probleme erkannt hatte, sah er natürlich auch die daraus erwachsenden tödlichen Probleme für ein demokratisches System. Im Hamburger Abendblatt vom 24. 11. 2004 äußerte er sich unzweideutig: „Mit einer demokratischen Gesellschaft ist das Konzept von Multikulti schwer vereinbar“. Als notwendige Folge sprach er in der Zeitung von einem „starken Obrigkeitsstaat“: „Aber wenn man fragt, wo denn multikulturelle Gesellschaften bislang funktioniert haben, kommt man sehr schnell zum Ergebnis, dass sie nur dort friedlich funktionieren, wo es einen starken Obrigkeitsstaat gibt. Insofern war es ein Fehler, dass wir zu Beginn der 60er Jahre Gastarbeiter aus fremden Kulturen ins Land holten.“
Multikulturelle Gesellschaft „abwegig“
Die Frage, wie dieser „starke Obrigkeitsstaat“ aussehen würde, läßt er aus guten Gründen offen. Da die SPD ihren Kurs unbeirrt weiterverfolgte, stellt sich die Frage, ob sie diesen „starken Obrigkeitsstaat“ sogar wollte. Jahrzehnte später kann man feststellen, dass dieser Staat bereits konkrete Formen annimmt und sich permanent in diese Richtung weiterentwickelt. 1992 – viel zu spät – kam Schmidt die Erkenntnis, daß die „Multikulturelle Gesellschaft“ nicht nur demokratiegefährdend sei, sondern daß ihre Etablierung in der BRD gar „abwegig“ sei: „Die Vorstellung, dass eine moderne Gesellschaft in der Lage sein müsste, sich als multikulturelle Gesellschaft zu etablieren, mit möglichst vielen kulturellen Gruppen, halte ich für abwegig. Man kann aus Deutschland mit immerhin einer tausendjährigen Geschichte seit Otto I. nicht nachträglich einen Schmelztiegel machen.“ (Frankfurter Rundschau, 12. September 1992).
Schmidt trägt historische Verantwortung
Selbstverständlich blieb Schmidt seiner Partei treu, die Jahr für Jahr in der Ausländerpolitik immer enthemmter wurde. Den fatalen Zusammenhang mit der im Übergang von den 60er zu den 70er Jahren in kurzer Zeit schließlich unter das Bestandsniveau gesunkenen Geburtenrate der Deutschen hat er leider nicht entsprechend thematisiert. Während seiner Kanzlerschaft behauptete 1977 seine damalige Bundesfamilienminsterin in Beantwortung einer Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag: „Die Deutschen sind kein sterbendes Volk“ (Drucksachen 8/478 u. 8/680). So trägt auch er sowohl als ranghoher Entscheidungsträger im Staat, wie in der SPD, eine besondere Verantwortung vor der Geschichte, die im Nachhinein durch Plauderstündchen im Fernsehen oder einzelne Sätze in gut vermarkteten Erinnerungsbüchern nicht aufgehoben werden kann.
Detlef Kühn, der „Ausländerbeauftragte“
Der zweite exemplarische Fall ist der des NRW-Ministerpräsidenten und nachmaligen „Ausländerbeauftragten“ der Bundesregierung Detlef Kühn. Was für Schmidt gilt, gilt auch für Kühn: Aktive Mittäterschaft, Erkennen einer schieflaufenden Politik, zu späte Erkenntnis, doch daneben eine kontinuierliche Unterstützung der SPD.
Angst vor Deutscher Bevölkerung
Kühn hatte im schon früh und stark überfremdeten NRW als Ministerpräsident den Großen Austausch in seiner negativen Dynamik erlebt. Angesichts der Entwicklung bekam er Angst vor möglichen Reaktionen der deutschen Bevölkerung. Bemerkenswert ist seine Unterscheidung zwischen denen „die wir sogar gern bei uns haben möchten“ und wohl denen „die wir nicht gerne bei uns haben möchten“.
„Allzuviel Humanität ermordet die Humanität“
Es ist das Eingeständnis einer von ihm stets mitgetragenen, langen Fehlentwicklung: „Wenn die Zahl der Ausländer, die als Minderheit in einer Nation leben, eine bestimmte Grenze überschreitet, gibt es überall in der Welt Stimmungen des Fremdheitsgefühls und der Ablehnung, die sich dann bis zur Feindseligkeit steigern. Allzuviel Humanität ermordet die Humanität. Wenn jedoch eine Grenze überschritten ist, wird sich die Feindseligkeit auch auf jene erstrecken, die wir sogar gern bei uns haben möchten.“ (Neue Osnabrücker Zeitung vom 13. September 1980).
Überschätzung des Überlebenswillens?
Was würde er heute sagen, wo sich abzeichnet, dass die Deutschen auch dank seiner Politik absehbar zu einer Minderheit im eigenen Land werden? Kühn hat kurioserweise seine deutschen Landsleute und ihren Überlebenswillen überschätzt: „Unsere Möglichkeiten Ausländer aufzunehmen, sind erschöpft […] Übersteigt der Ausländeranteil die Zehn-Prozent-Marke, dann wird jedes Volk rebellisch.“ (Quick vom 15. Januar 1981). Wie er ausgerechnet auf diese 10-Prozent-Marke gekommen war, blieb sein Geheimnis. Selbst heute, bei fast 30 Prozent Anteil an „Personen mit Migrationshintergrund“, gibt es nur einen relativ schwachen Widerstand dagegen. Kühn steht trotz seiner späten Erkenntnisse als multipler Funktionsträger der SPD in voller Mitverantwortung für den „Großen Austausch“.
Ingo Groß, der Bürgermeister
Schließlich gilt es auf unterster Ebene exemplarisch einen politischen Verantwortungsträger zu zitieren, der unmittelbar an der Basis das Problem der Überfremdung beobachten konnte. Ingo Groß, Bürgermeister in der 200.000 Einwohner zählenden Stadt Kassel gehört bis heute einer SPD an, die besonders einwanderungsfreundlich ist. Groß hat, wie die beiden zuvor betrachteten SPD-Funktionsträger späte, deutliche Worte gefunden, aber ebenfalls keine Taten folgen lassen.
„Die Bombe tickt“
Das Kasseler Anzeigenblatt „ExtraTip“ vom 25.11.1998 titelte auf der 1. Seite „Ingo Groß: Die Bombe tickt“. Darunter wurden dessen brisante Thesen prägnant zusammengefaßt: „Kassels Bürgermeister fordert Einwanderungsstop. Angst vor weiteren sozialen Brennpunkten…In kaum einer zweiten Stadt sei ein Zuzugs-Stop für Ausländer so notwendig wie in Kassel. Denn hier gäbe es inzwischen schon Stadtteile, die in ihrer sozialen Struktur umzukippen drohten. Um schlimmere Folgen zu verhindern, dürfe es keine Zuwanderung mehr geben.“ Groß wird in dem mittlerweile vor rund einem Vierteljahrhundert erschienen Artikel mit drastischen Worten zitiert: „Wir sitzen auf einer Zeitbombe. Doch einige Traumtänzer diskutieren noch immer über neue Zuzugsmöglichkeiten… Die Folge ist das Umkippen ganzer Stadtteile. Die Deutschen werden dort zu einer Minderheit.“
„Ausnahmloser Zuwanderungsstopp“
Der ExtraTip zitiert weiter: „Jetzt ist die Zeit zum Handeln gekommen: Groß plädiert…für einen ausnahmslosen Zuwanderungsstops.“ Bekanntlich ist das Gegenteil geschehen. Die Entwicklung hat die Sorgen von Groß schon bald überrollt. Die ersten Stadtteile Kassels sind heute mehrheitlich von „Personen mit Migrationshintergrund“ bevölkert, andere stehen kurz davor. Auch Groß war mit seiner aus heutiger Sicht noch zu optimistischen Sichtweise allerdings nie mehrheitsfähig. Man hat es in der SPD gewusst und dennoch genau so gewollt
Sehenden Auges in die Katastrophe
Diese drei ausgewählten Beispiele aus drei politischen Ebenen, die man mühelos noch um weitere SPD-Funktionäre vermehren könnte, beweisen, dass sich heute niemand in der SPD darauf berufen kann, selbst in seiner eigenen Partei vor den zwangsläufigen Folgen ihrer Einwanderungspolitik nicht deutlich genug gewarnt worden zu sein. Heute hört man allerdings nur noch eine Einheitsmeinung in der SPD, die das autochthone Deutschland und Europa restlos zugunsten eines „Großen Austausches“ aufgegeben hat.