Es ist einer der verheerendsten Luftangriffe, der je auf eine Stadt geflogen wurde: Die Bombardierung Dresdens in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 war der Höhepunkt gezielter Flächenangriffe der Alliierten auf die deutsche Zivilbevölkerung. Das Gedenken sowie die Zahl der Opfer ist bis heute ein Politikum. Wir erinnern.
„Achtung! Achtung! Feindliche Bomberverbände im Anflug auf Dresden“ tönt es aus dem Radio. Am 13. Februar 1945 wird in der Hauptstadt Sachsens um 21 Uhr 45 Fliegeralarm ausgelöst. Am Nachmittag hatten noch verkleidete Kinder in den Straßen gespielt, immerhin ist Faschingsdienstag. Denn auch wenn die Front bereits immer näher rückt, sollten doch wenigstens die Kleinen etwas Freude erleben. Und außerdem gibt es ja noch Hoffnung, dass die sächsische Kulturmetropole nicht in voller Härte vom Krieg getroffen werden wird.
Überfüllt mit Flüchtlingen
Zwar ist das Heulen der Sirenen den Dresdnern bereits bekannt – zum 175. Mal erklingt der Signalton bereits im Verlauf dieses Krieges durch das Stadtgebiet -, nichtsdestotrotz ist die Barockstadt an der Elbe, auch Elbflorenz genannt, zu Beginn des Jahres 1945 als eine der letzten großen Städte des Reiches noch weitgehend unzerstört. Als Stadt der Museen, Bibliotheken und Hochschulen, der Theater und Musik, als Kulturmetropole ohne militärische Bedeutung, strahlt sie fünf Monate vor Kriegsende noch in geschichtsschwangerer architektonischer Herrlichkeit. Doch das soll sich nun ändern. Denn während hunderttausende von Menschen in ihre Keller und die wenigen vorhandenen Luftschutzbunker strömen, schweben sechs britische Bomberstaffeln auf die Stadt zu. Dresden, das zu Friedenszeiten 630.000 Einwohner zählte, ist zu diesem Zeitpunkt derart mit Flüchtlingen aus dem Osten überfüllt, dass die Bevölkerung auf annähernd eine Million angewachsen ist. Keine deutsche Luftabwehr stört den Angriff der Alliierten. Deutsche Flaks und Jagdflugzeuge hatten zuvor ins Ruhrgebiet und nach Schlesien verlegt werden müssen, wo sie dringender gebraucht wurden.
Erste Welle
Die erste Angriffswelle erreicht bei wolkenlosem Nachthimmel gegen 22 Uhr die Innenstadt. „Pfadfinder“-Einheiten, die als Markierungsbomber den schwereren Verbänden vorausfliegen, werfen gleißend helle Magnesium-Lichter, sogenannte „Christbäume“. Diese stecken das Zielgebiet ab. Die Innenstadt wird in gespenstisches Licht getaucht. Wenige Minuten später fallen die ersten Bomben. Aus 244 britischen Maschinen gehen 900 Tonnen Bombenmaterial auf die Innenstadt nieder. Drei Viertel der Dresdner Altstadt werden in Brand gesetzt. Doch dieser erste Angriff hatte lediglich die Aufgabe, mittels Sprengbomben Gebäudedächer abzudecken.
Zweite Welle
Gegen 1 Uhr 20 – etwa 3 Stunden danach – erreicht eine weitere Welle die Stadt. Sie bringt die Hauptlast des Angriffs. Doppelt so viele Flieger. Doppelt so viele Tonnen an Bomben. Markierungen sind nicht mehr nötig. Die brennende Stadt ist nicht zu verfehlen. Die englischen Piloten sehen Dresden schon hunderte Kilometer, bevor sie es erreichen, da der Himmel darüber rot glüht. Der Feuerhagel besteht jetzt hauptsächlich aus Brandbomben, die in die dächerlosen Ruinen umso verheerender einschlagen. Auch die Elbwiesen und der Große Garten, wohin zahlreiche Menschen nach der ersten Welle geflüchtet waren, werden bombardiert.
Dresden wird zum Ofen. Der stürmende Brand saugt die Luft regelrecht aus den Kellern. Wer dort bleibt, erstickt. Wer auf die Straßen flüchtet, hat den Eindruck, bereits tot und in der Hölle zu sein. Im Zentrum des Stadtbrandes ist der Sauerstoffverbrauch so groß, dass ein Sog entsteht. Dieser Windzug bewirkt, dass sich die einzelnen Feuer zu einem orkanartigen Feuersturm vereinen. Dieser zerstört ganze Straßenzüge. In der extremen Hitze schmelzen selbst Glas und Metall. Große Gegenstände und Menschen werden im Feuersturm herumgewirbelt und ins Zentrum des Infernos gesogen. Man sieht Leichen, die vor Hitze zusammengeschrumpft sind. Mütter außer sich, weil die Hälfte ihrer Kinder im Chaos verloren ging. Entlaufene Tiere aus dem zerstörten Zoo irren durch die apokalyptische Szenerie. Der Asphalt beginnt in der Hitze zu schmelzen. Flüchtende sinken darin ein und bleiben stecken. Hunderte Menschen versuchten, sich in die Elbe zu retten. Doch zeitweise ist das Wasser dort so heiß, dass sie verbrüht werden. Bilder des Grauens. Gemalt mit Bomben und Phosphor. Am Ende brennt selbst die Elbe, auf der der Phosphor schwimmt.
Dritte Welle
Doch das Leid ist noch nicht zu Ende. Dem britischen Nachtangriff auf die ungeschützte Stadt ohne Luftabwehr folgt am nächsten Tag eine Flächenbombardierung durch mehr als 300 amerikanische Bomber. Gegen Mittag des Aschermittwochs erreichen die US-Verbände den Himmel über Dresden. Die Großalarmanlagen sind mittlerweile ausgefallen. Das Luftschutzsignal bleibt aus, die Bevölkerung ist nicht gewarnt. Die Bomben treffen eine sterbende Stadt. Treffen Menschen ohne Hab und Gut, die nur noch versuchen, ihr nacktes Leben zu retten. Offizielles Hauptziel ist der Bahnhof. Getroffen wird das Krankenhaus. Ein weiteres Mal wird die Innenstadt mit Bomben umgepflügt. Am 14. Februar, abends um 18 Uhr, verkündet der Londoner Rundfunk: „Britische und amerikanische Bomberverbände führten in der vergangenen Nacht und an diesem Morgen einen jener schweren Schläge gegen Mitteldeutschland, die die alliierten Führer dem sowjetischen Verbündeten in Jalta versprochen haben. […] Im Zentrum der Stadt Dresden entstanden Brände von vernichtender Konzentration.“
Danach
Sieben Tage und sieben Nächte brennt Dresden nach den Angriffen. Soldaten und Hilfskräfte sammeln die Toten ein. Es sind derart viele, dass sie verbrannt werden müssen, um die Seuchengefahr einzuschränken. Auf mehreren Plätzen türmen sich tausende Leichen. Allein am Altmarkt sind es am 25. Februar etwa 6.865. Es handelt sich überwiegend um Frauen und Kinder. Oft verstümmelt oder gar nur noch Fleischklumpen. Die Reste menschlicher Körper als stille Zeugen der unaussprechlichen Qualen jener Bombentage. Der Gestank brennenden Fleisches auf den Scheiterhaufen mischt sich mit dem schwelenden Brandgeruch der Stadt, die nur noch Ruine ist. Zehntausende sind tot oder vermisst. Mehrere Hunderttausend obdachlos. Von der Stadt, die als eine der schönsten der Welt gegolten hat, ist nur ein Haufen von verbogenem Eisen und zerbrochenen Ziegeln übrig geblieben. „Euer Land ist verwüstet, eure Städte sind mit Feuer verbrannt; Fremde verzehren eure Äcker vor euren Augen; alles ist verwüstet wie beim Untergang Sodoms.“ – so beschreibt der Prophet Jesaja das Gericht Gottes in der Bibel.
Vorgeschichte: Warum Dresden?
Vom 4. bis zum 11. Februar 1945 waren die künftigen Sieger Stalin, Churchill und Roosevelt im Badeort Jalta auf der Krim zusammengekommen. Hauptthema der Konferenz war die – Zitat – „Zerstückelung Deutschlands“. Doch der britische Premierminister Winston Churchill hatte ein Problem: Er sah sich zu diesem Zeitpunkt von den Amerikanern und Russen im Hinblick auf militärische Erfolge an den Rand gedrängt. In Jalta sollte daher die Kriegswichtigkeit der englischen Luftwaffe und ihr Beitrag zum Sieg über Deutschland betont werden. Churchill trat im Rahmen der Konferenz in der Uniform der Royal Air Force auf. Und er hatte geplant, während des Treffens durch Erfolgsmeldungen zu beeindrucken, um die Verhandlungsposition Englands zu stärken.
Dresden sollte ursprünglich in diesen Tagen bombardiert werden. Eine Leistungsschau englischer Luftüberlegenheit. Die Wetterlage ließ ein Anfliegen der Stadt jedoch nicht zu und so kam es erst zwei Tage nach Ende des Treffens zu dem bereits länger geplanten Angriff. Die von England verbreitete Behauptung, die Sowjets hätten im Zuge der Jalta-Konferenz diese Bombardements verlangt, um die Rote Armee im Vormarsch zu stützen, ist nicht haltbar. Heute beweisen Dokumente, dass dem nicht so war. Vielmehr wollte England die vorrückenden Sowjets beeindrucken. Die Kommunisten sollten beim Einmarsch von der Zerstörungskraft westalliierter Luftstreitkräfte eingeschüchtert werden. Ähnlich wie die Atombombenabwürfe über Japan diente die Bombardierung Dresdens also nicht zuletzt der Einschüchterung Russlands.
So äußerte sich ein britischer Luftwaffenoffizier etwa bereits 1944 bezüglich der Bombardierung deutscher Zivilstädte in folgender Weise: „Es wird darauf hingewiesen, dass eine spektakuläre und handgreifliche endgültige Lektion für das deutsche Volk über die Folgen einer weltweiten Aggression auch in der Nachkriegsperiode von dauerndem Wert sein würde. […] Darüber hinaus würde es unsere russischen Verbündeten und die Neutralen von der Wirksamkeit anglo-amerikanischer Luftmacht überzeugen. Wenn alliierte Truppen in die Lage kämen, Berlin zu besetzen, oder es von neutralen Vertretern besucht wird, würde ihnen ein lange fortbestehendes Denkmal von den Wirkungen vorgeführt werden, die das strategische Bombardement in diesem Krieg hervorgerufen hat und jederzeit wiederholen könnte.“
„Ich dachte, was mir machen ist doch Unrecht“ – Worte eines Bomberpiloten
Einige der anglo-amerikanischen Bomberpiloten sprachen nach dem Krieg sehr aufschlussreich über das, was vorgefallen war. So etwa der Buchautor Miles Barton Tripp. Er war Teil des RAF-Bomberkommandos und an dem Bombardement von Dresden beteiligt. In einem Interview mit einem deutschen Fernsehteam sagte er später: „Mehreren Bombengeschwadern wurde ganz deutlich erklärt, dass in der Dresdner Innenstadt sehr viele Flüchtlinge ausharren würden. Dass die Bevölkerung durch die Flüchtlinge auf über eine Million angeschwollen war. Und dass der Angriff in erster Linie die Aufgabe habe, Panik zu erzeugen.“ Bemerkenswert seine folgenden Worte: „Ich dachte, was wir machen ist doch Unrecht. Aber wir hatten einen Auftrag und wir flogen los.“
Nun ist es ein wesentliches Kernelement militärischer Apparate, dass die Verantwortung für einen Befehl die Kommandanten zu tragen haben und eben nicht der einzelne Soldat. Er wird im klassischen Verständnis militärischen Gehorsams von der Last entbunden, Befehle zu hinterfragen – sowohl moralisch als auch rechtlich. Das ist notwendig, da sonst jede Armee in der Ausführung der Befehlskette durchgehend gelähmt wäre und dies die Kampfkraft und damit Sicherheit des eigenen Landes schwächen würde. Verantwortlich für alles, was geschieht, ist der Befehlsgeber, nicht der Empfänger – das war ein selbstverständliches Empfinden zur Zeit des Zweiten Weltkrieges. Sehr wohl muss aber angemerkt werden, dass genau dieses Selbstverständnis für unsere Soldaten nach Ende des Krieges nicht geltend gemacht wurde. Ihnen wurden und werden Taten angelastet, unabhängig davon, ob sie sich ihm Rahmen soldatischer Gehorsamspflicht ereigneten oder nicht.
Auch in England umstritten
Innerbritisches Aufsehen erregten die Aussagen eines anderen ehemaligen Soldaten anlässlich des 68. Jahrestags der Dresden-Katastrophe. Victor Gregg war wohl der einzige Engländer, der die Bombardierung vom Boden aus miterlebt hatte. Er war als Fallschirmspringer bei der Operation „Market Garden“ 1944 in Kriegsgefangenschaft geraten und in Dresden als Arbeiter eingesetzt. Premier Winston Churchill hätte dafür „an die Wand gestellt werden sollen”, äußerte sich der Veteran 2013 öffentlich.
„Das Flächenbombardement war ein Kriegsverbrechen. Ich werfe den Jungs der Royal Air Force überhaupt nichts vor. Sie hatten ihre Befehle. Aber Churchill hätte man dafür erschießen sollen. Er hat das im Namen des britischen Volkes angeordnet. Ich finde, dass wir für etwas Besseres stehen als für Krieg gegen Zivilisten. Wir waren doch die Guten!”, setzte er einige Jahre später nach. Harte Worte, die verständlicher werden, wenn man Greggs Augenzeugenberichte liest: „Ich kann bis heute nicht richtig beschreiben, was ich damals gesehen habe. Wenn man Frauen sieht, die ihre Kinder umklammern und vom Wind in die Luft gehoben und ins Zentrum des Brandes gesaugt werden … In einem Bunker war der Boden von Wachs bedeckt, aus dem Knochen ragen. Das war das Körperfett der Leute, die sich dort eingeschlossen hatten. Sie waren geschmolzen.“
Historiker widersprechen Zeitzeugen
Zu dem, was sich in Dresden am 14. Feber ereignet hat, gibt es unzählige Schreckensberichte von Zeitzeugen. Vieles wird heute angezweifelt. Nicht, weil es nicht möglich wäre. Infrage gestellt wird mittlerweile bereits alles, das nicht offiziell dokumentiert ist. Zahlreiche Augenzeugen etwa berichteten, dass alliierte Tiefflieger mit ihren Bordmaschinengewehren Zivilisten regelrecht gejagt hätten. Tatsächlich hatten die Begleitjäger, die die trägen Bomberverbände schützten, gegen Ende des Krieges kaum noch Arbeit, da sie nur noch selten auf deutsche Jagdflugzeuge trafen. Den Piloten wurde daher freigestellt, mit ihren Bordwaffen eigenmächtig Bodenziele zu bekämpfen. Dass manche Begleitjäger in der Folge alles angriffen, was sich bewegte, gilt als bestätigt. Zivilfahrzeuge, Bauern auf dem Feld oder spielende Kinder.
In Bezug auf Dresden haben die Piloten des Feindes diese Tieffliegerangriffe nach dem Krieg jedoch bestritten. Unsere Überlebenden bezeugten dies zwar in dutzenden Interviews, doch das hat in der derzeitigen Geschichtsschreibung weniger Gewicht. Die meisten Historiker bestreiten heute daher, dass es in Dresden zu Tieffliegerattacken gekommen ist. Und ihrer Expertenmeinung folgend bezeichnen auch deutsche Leitmedien diese Erzählung als eine „Legende“. Besonders perfide: Die widersprüchlichen Augenzeugenberichte erklärt man mit einer fehlerhaften Wahrnehmung in Folge der traumatischen Ereignisse. Die Erinnerung der Erlebnisgeneration wird so einfach pathologisiert.
Sag mir, wo die Toten sind
Wie ein Schatten spannt sich aber vor allem eine zentrale Debatte bis heute über das Gedenken: Wie viele Opfer gab es? Die Spannbreite der dabei behaupteten Zahlen ist groß. Sie reicht von ca. 20.000 bis zu einer halben Million. Hat man in der Bundesrepublik öffentlich in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg noch von „mehreren Hunderttausend“ gesprochen, ist die Zahl mit den Jahren immer weiter gesunken. Um die Jahrtausendwende verkündete man noch, wissenschaftlich seien „40.000 gesichert“. Doch auch das war scheinbar zu viel. 2004 beauftragte der damalige Dresdner Oberbürgermeister eine Historikerkommission mit der Untersuchung der Opferzahlen.
Und hier wird es interessant: Deren Leiter Rolf-Dieter Müller äußerte sich noch 2007 in einem Interview: „Unsere sichere Ausgangsbasis sind mindestens 25.000 Tote. Hinzukommt die Zahl x.“ In einem Zwischenbericht 2009 verlautbarte die Kommission dann eine Mindestzahl von lediglich 18.000 und eine Höchstzahl von 25.000. Dies unterschritt also bereits die „sichere Ausgangsbasis.“ Nach dem plötzlichen Fund von Dokumenten, die allein schon 20.100 namentlich bekannte und 2.600 unbekannte Tote als beerdigt nachwiesen, sah sich die Kommission im April 2010 gezwungen, ihre Zahlen anzuheben. Man entschied sich als neue Mindestopferzahl für genau diese 22.700 Menschen, die dokumentiert bestattet wurden. Die Höchstzahl von 25.000 ließ man unverändert.
Die Stadt Dresden hat diese Schätzung offiziell übernommen. Seither geistert die neue „amtliche“ Zahl durch Zeitungen und Fernsehbeiträge. Wer höhere Opferzahlen annimmt, gilt schnell als Revisionist oder gar als Rechtsextremer. Doch neben der seltsamen Tatsache, dass die Historikerkommission in ihren Nachforschungen ausgerechnet auf die unterste mögliche Opferzahl gekommen ist, gibt es weitere erwähnenswerte Punkte. Entscheidend ist etwa folgender Satz aus dem Ergebnisbericht: „Da die Kommission […] davon ausgeht, dass die in Dresden getöteten Menschen bis auf sehr wenige Ausnahmen tatsächlich geborgen und bestattet worden sind, lässt sich aus der Zahl der im Einzelfall nachgewiesenen Bestattungen auf die Größenordnung der Zahl der Luftkriegstoten schließen.“
Die Zählung der Toten Dresdens ist also nur auf jene Opfer reduziert, die als Überbleibsel eines Menschen überhaupt noch identifiziert und folglich bestattet werden konnten. Doch was ist mit den vielen Toten, die in der glühenden Hitze verbrannten oder regelrecht „geschmolzen“ sind, wie in unserem Augenzeugenbericht weiter oben? Die hat es laut der Kommission nie gegeben. Untersuchungen ergaben, in den Straßen Dresdens hätten maximal 800 Grad geherrscht. Rund eine Stunde bei 1.000 Grad werden benötigt, um Leichen rückstandslos einzuäschern. Phosphor brennt zwar mit 1300 Grad und Zeitzeugen berichten den Einsatz von Phosphorbomben über Dresden. Die britische Regierung gibt aber bis heute hierzu keine Akten heraus. In der Folge wurde von Seiten der Kommission angenommen, dass solche Bomben nicht zum Einsatz kamen. Dass heute immer noch Blindgänger von Phosphorbomben in Sachsen zu finden sind, bleibt meist unerwähnt.
Doch selbst wenn sämtliche Toten noch als solche erkennbar gewesen wären, müsste für die Prämisse der Kommission von einer flächendeckenden Bergung ausgegangen werden. Erfahrungswerte aus anderen Städten zeigen, dass ein großer Teil der Verschütteten nie geborgen wird. In Dresden waren über zwanzig Quadratkilometer der Stadt innerhalb weniger Stunden verwüstet worden. 12.000 Häuser wurden zerstört. Fotoaufnahmen zeigen eine Wüste aus Trümmern. Das unter diesen Umständen alle Verschütteten geborgen werden konnten, ist mehr als fraglich. Auch die Engländer selbst gingen nach den Bombardements von wesentlich mehr Toten aus. Der britische Luftmarschall Sir Robert Saundby schätzte die Zahl der Toten beispielsweise auf 135.000 Menschen. Es ist im Übrigen ein Mythos, dass es die NS-Propaganda selbst war, die die Zahlen hochtrieb. Dies trifft zwar teils auf die Informationen zu, die man der Auslandspresse zuspielte, um Sympathie und Anteilnahme zu erzeugen. Im Reich selbst jedoch war der Propagandaapparat eher bemüht, die Zahl der Opfer von Luftangriffen niedrig anzusetzen – man fürchtete, zu hohe Opferzahlen könnten die Moral der Zivilbevölkerung senken.
Das Gedenken an Kriegsverbrechen gegen Deutsche ist nach wie vor ein schwieriges Thema. Mit dem Wegsterben der letzten Zeitzeugen wird die Auseinandersetzung stetig schwieriger. Die Erinnerung wird zunehmend zum Tabu, weil Terrorakte gegen Zivilisten dem Befreiungsnarrativ entgegenstehen. Die genauen Opferzahlen lassen sich vermutlich niemals klären. Die maximal 25.000 der Historikerkommission sind sicherlich zu wenig, hunderttausende waren es – Gott sei Dank – wohl aber auch nicht.
„Wie viele starben? Wer kennt die Zahl?
An Deinen Wunden sieht man die Qual
Der Namenlosen die hier verbrannt
Im Höllenfeuer aus Menschenhand.“
– Schriftzug auf einem Dresdner Mahnmal zum Gedenken an die Opfer
Zivilbombardierung schon damals Politikum
Die Frage nach der moralischen Legitimität gezielter Flächenbombardierung von Wohngebieten stellte sich bereits in Kriegstagen. Teile der alliierten Zivilbevölkerung und zahlreiche neutrale Nationen verurteilten bereits 1945 das Vorgehen der angloamerikanischen Bomberverbände. Am 28. März 1945 lenkte Churchill ein: „Mir scheint der Moment gekommen zu sein, in dem die Frage der Bombardierung deutscher Städte nur um des Terrors willen […] neu überdacht werden sollte. Andernfalls werden wir die Kontrolle über ein völlig zerstörtes Land erlangen. […] Der Außenminister hat mit mir über dieses Thema gesprochen, und ich fühle die Notwendigkeit einer genaueren Konzentration auf militärische Ziele, wie Öl und Kommunikation hinter dem unmittelbaren Kampfgebiet, anstatt auf bloße Terrorakte und mutwillige Zerstörung, so beeindruckend diese auch sein mögen.”
Die Verantwortlichen versuchten, das Geschehene als „notwendiges Übel“ darzustellen. So gaben etwa die US-Amerikaner an, man hätte eigentlich nur den kriegswichtigen Eisenbahnknotenpunkt bombardieren wollen. Da die Engländer aber einen gewaltigen Feuersturm in der Stadt entfacht hatten, hätte man diesen nicht treffsicher anfliegen können. Die amerikanischen Verbände hätten demnach „unbeabsichtigt“ große Teile der Zivilstadt bombardiert. Bereits am 23. Februar folgte jedoch ein US-Angriff auf Pforzheim, im Zuge dessen jeder dritte Stadtbewohner innerhalb von 16 Minuten getötet wurde. Die Bilder der Bombardierung wurden von der amerikanischen Wochenschau folgendermaßen kommentiert: „Eine Stadt wird vor ihren Augen buchstäblich ausgelöscht. In diesem Inferno wird es kein Leben mehr geben. Stadt für Stadt stirbt das Nazi-Reich.“ Faktum ist: Zwei Drittel aller alliierten Bomben fielen erst in den letzten zehn Monaten des Krieges, als dieser eigentlich längst entschieden war.
Bomber Harris do it again?
Aufsehen erregte 2015 die provokant-geschmacklose Verherrlichung der Zivilbombardierung durch linke, antideutsche Aktivistinnen. Diese posierten in Dresden nackt mit dem Slogan „Bomber Harris do it again!“ Der Spruch nimmt Bezug auf Marshal Arthur Harris, den Oberbefehlshaber der britischen Bomberflotte. Am 23. Februar 1945 antwortete er auf die Frage nach dem Sinn des Angriffs auf Dresden mit den Worten „Dresden? Es gibt keine Stadt Dresden mehr!“ Bis ins hohe Alter versuchte Harris beharrlich, den Angriff auf die Stadt zu rechtfertigen: „Alle großen Kriege werden immer gegen die ganze Nation geführt und sie sind keine Boxkämpfe gegen ausgewählte Individuen“. Ein Denkmal, das ihm 1992 in London gesetzt und von der Queen enthüllt wurde, hatte damals heftige Proteste ausgelöst, wurde mehrfach beschädigt und musste monatelang bewacht werden.
Die Frage, ob es sich bei den Luftschlägen wie jenem auf Dresden um ein Kriegsverbrechen gehandelt habe, ist offiziell nie geklärt worden. Sir Max Hastings, ein renommierter britischer Luftkriegshistoriker, meint hierzu etwa, „dass die alliierten Bombenangriffe auf Deutschland ein „Kriegsverbrechen“ gemäß den Standards des Internationalen Militärtribunals in Nürnberg darstellen. Mit der Neuregelung des Genfer Abkommens 1949 gelten derartige Flächenbombardements mittlerweile allgemein als Kriegsverbrechen.“
Ruhet in Frieden?
Lange Zeit ist seit den Schreckenstagen der Bomben vergangen – 78 Jahre – beinahe ein Menschenleben. Dresden zählt heute wieder fast so viele Einwohner wie vor dem Krieg. Die Frauenkirche wurde wieder aufgebaut. Und auch Semperoper und Residenzschloss erstrahlen in altem Glanz. Die Toten haben jedoch immer noch keine Ruhe gefunden. Regelmäßig zerstören Antifaschisten Erinnerungsstätten, die dem Andenken an die Opfer dienen sollen. Gedenkveranstaltungen zum 13. Feber werden von Linken gestört, das Anprangern der angloamerikanischen Bombenhölle als rechtsextreme Stimmungsmache verunglimpft. Die Erinnerungskultur eines Volkes, wie es seine Toten ehrt, ist Spiegel seiner Seele. Den Opfern und uns selbst sei gewünscht, dass wir Deutschen zu einem würdigen Gedenken und Umgang mit dem Leid unseres eigenen Volkes zurückfinden.
„Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens.“
– Gerhart Hauptmann, Liternaturnobelpreisträger