Das Kuschelurteil gegen Florian Teichtmeister – zwei Jahre bedingt, er ist auf freiem Fuß – schockiert ganz Österreich. Während linksliberale Journalisten von einem „guten Tag für den Rechtsstaat“ fantasieren, rechnet Josef Jetzinger in seinem Kommentar mit der österreichischen Justiz ab – und fordert eine Neuordnung der Prioritäten.
Ein Kommentar von Josef Jetzinger
Nach Monaten des Wartens ist es nun passiert: der Schauspieler Florian Teichtmeister stand wegen des Besitzes mehrerer zig-tausend kinderpornografischer Darstellungen vor Gericht. „Es werde keinen Promibonus geben“ wurde Beobachtern im Vorfeld versprochen, alles würde sich auf dem unerschütterlichen Boden des Rechtstaates abspielen.
Mildes Urteil
Das Urteil fiel dann wenig überraschend ernüchternd aus: Zwei Jahre bedingt, Therapie. Ins Gefängnis muss er nicht, auch nicht zur Verwahrung in eine psychiatrische Anstalt. Vermutlich sitzt er in diesen Minuten wieder ungestört zu Hause. Und dennoch ist das Entsetzen in der Bevölkerung groß – wie kann es sein, dass jemand, der nicht nur solche Bilder und Videos besitzt, sondern auch tausendfach zu Kollagen zusammenstellt und mit entmenschlichenden Texten versieht, die einem Marquise de Sade in der Gefängniszelle nicht besser hätten einfallen können, praktisch mit einem Klaps auf die Finger davon kommt?
Die Kulturszene und ihr Verhältnis zu Sexualstraftätern
Österreich im allgemeinen und die Kulturszene im Speziellen hat bekanntlich zu „prominenten“ Sexualstraftätern generell ein sonderbares Verhältnis. Wir erinnern uns an Otto Mühl und seine Kommune, in welcher Kinder systematisch missbraucht wurden – was im Geiste der „sexuellen Befreiung“ von so manchem 68er schön geredet und bis heute runtergespielt wird. Oder der Serienfrauenmörder Jack Unterweger, der als „Häfenpoet“ in der kontemporären Kulturschickeria der 80er- und 90er-Jahre als der neue heiße Scheiß herumgereicht wurde, sogar im ORF auftreten durfte – die spätere Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, als eine von vielen, sah in ihm ein Musterbeispiel des geläuterten Verbrechers, den man nicht mit einem reaktionären Justizdenken an der Potentialentfaltung hindern sollte. Was passierte? Unterweger kam frei, begann wieder zu morden, wurde in den USA gefasst und hatte zumindest den Anstand, die Sache durch eigene Hand zu beenden. Konsequenzen für seine das alles ermöglichende Fanclique gab es nicht, man hat nur aufgehört, darüber zu sprechen.
Medien beklagen vermeintliche „Hexenjagd“
Hier kann man wunderbar den Bogen zum „Fall Teichtmeister“ spannen. Umjubelter Burgtheaterschauspieler, angehender Filmstar in der cineastischen Wüste des deutschsprachigen Raumes, fliegt mit seinen perversen Neigungen auf (welche dem Vernehmen nach für viele Jahre einigen nicht ganz unbekannt waren) und soll vor Gericht gestellt werden. Zeitnah war das wegen einer „Erkrankung“ seinerseits nicht möglich, womit er sich allerdings ins eigene Fleisch schnitt, weil in den gesammelten Beweismitteln noch mehr belastendes Material gefunden wurde. Währenddessen sorgte sich die lokale Kulturschickeria und ihr medialer Arm vom Spittelberg um sein psychisches Wohlergehen, musste er doch zum Beispiel in Gaststätten Anfeindungen durch andere Gäste ertragen – immerhin sei er noch nicht schuldig gesprochen worden und man dürfe jetzt keine „Hexenjagden“ durchgehen lassen! Selbst der Sissi-Kitschfilm, in welchem er mitspielte, wurde ausgestrahlt, weil der halt auch schon fertig ist und es „unfair“ gegenüber den anderen Beteiligten des Projektes wäre.
Bizarrer Vergleich mit Fleischkonsumenten
Der Prozess selbst kann man nur mit Ekel Revué passieren lassen. Sein Verteidiger, Rudolf Mayer, verglich Teichtmeister mit einem „Fleischkonsumenten“, dem das „Tierleid dahinter auch nicht bewusst“ sei – ob man jetzt diese Verharmlosung schlimmer finden mag als den Vergleich von sexuell missbrauchten Kindern mit Schlachtvieh, darf jeder für sich entscheiden. Eigentlich ist das die Art von Aussage, die man von einem völligen Psychopathen erwarten würde, dem das hunderttausendfache Leid von missbrauchten Kindern maximal als nebulöses Argument während eines Eröffnungsplädoyers in den Sinn kommt.
Florian Klenk in Ekstase
Als die Anklage dann Beispiele aus Teichtmeisters „Archiv“ brachte, jubilierte Falter-Journalist Florian Klenk, dass sich das Gericht von dieser „Schock-Show nicht beeindrucken“ ließe – das Urteil selbst sei ein „guter Tag für den Rechtsstaat“. Klenk bedient sich hier der 90er-Jahre-Diktion aus Tierschützerkreisen, wonach die Zurschaustellung von den Zuständen auf vielen Schlachthöfen die Menschen eher abschreckt als zum Umdenken bewegt; anders gelesen könnte man auch meinen, die Zurschaustellung dessen, was Teichtmeister hier in hunderten Stunden auf Kokain produziert hat, sei nur Showmaterial, über das es nicht zu reflektieren gilt. Auch so kann man die Realität zugunsten liberaler Selbstlügen wegignorieren.
Prioritäten müssen neu geordnet werden
Es wäre im Sinne der Kinder dieses Landes, wenn unsere Rechtssprechung ihre Prioritäten neu ordnet. Es kann nicht sein, dass jemand, der ein Hitlerbild privat auf WhatsApp teilt, eine schwerere Strafe erwarten muss als jemand, der tausendfach Kindergewaltpornografie systematisch speichert, editiert und über 13 Jahre hinweg konsumiert. Gar nicht zu sprechen von der Präzedenz, die dadurch geschaffen wurde – können sich gewisse Teile der Gesellschaft weiterhin mildere Strafen erwarten oder dürfen sich die vielen anderen Teichtmeisters da draußen ähnliche Samthandschuhstrafen erwarten?
Wie dem auch sei: Unbeantwortet darf das nicht bleiben, sonst braucht sich niemand wundern, dass das Vertrauen in Recht und Gerechtigkeit weiter unaufhaltsam – und zurecht – erodiert.