Das TV-Duell zwischen Björn Höcke (AfD) und Mario Voigt (CDU) ist geschlagen. Insbesondere im ersten Drittel hat Höcke klar dominiert und Voigt alt aussehen lassen. Doch dann ging er ausgerechnet beim Thema „Remigration“ in die Defensive – was vom Gegner prompt genutzt wurde. Insgesamt jedoch ein souveräner Auftritt, der Respekt und Anerkennung verdient.
Ein Kommentar von Philipp Huemer
Es muss viel Druck gewesen sein, der auf den Schultern von Björn Höcke (AfD) im Vorfeld dieses TV-Duells lastete. Immerhin war an diesem Abend die gesamte Aufmerksamkeit des polit-medialen Komplexes sowie der eigenen Anhängerschaft auf das WELT.TV-Studio in Berlin gerichtet. Seit Jahren wird Höcke vom Establishment systematisch zum absolut Bösen aufgebaut. Nun war die Chance da, diesem Bild etwas entgegenzusetzen – und es gelang.
Klare Dominanz
Besonders beim Thema EU und Wirtschaft in den ersten 25 bis 30 Minuten dominierte Björn Höcke klar und konnte mit der richtigen Mischung aus klar vorgetragenen Argumenten und pointierten Attacken gegen Voigt und dessen CDU überzeugen. Besonders augenfällig: Höcke überzeugte mit einer selbstbewussten Haltung, Gestik und Mimik, während Voigt schwerfällig wirkte und auswendig gelernte Phrasen zum Besten gab – Spickzettel inklusive. Zu diesem Zeitpunkt drängte sich bereits die Frage auf, warum Voigt und die CDU sich auf dieses Duell eingelassen haben.
Auch beim daran anschließenden Thema Fachkräftemangel und legale Migration konnte Höcke punkten: Statt der Migrationslobby und ihren Mythen Zugeständnisse zu machen, betonte er das grundsätzliche Potenzial Deutschlands, dieses hausgemachte Probleme auch ohne Ersetzungsmigration in den Griff zu bekommen: Gezielte Ausbildung der eigenen Jugend, offensive Geburten- und Familienförderung sowie die Rückholung der hunderttausenden ausgewanderten deutschen Fachkräfte. Doch ausgerechnet beim Thema Remigration kam er ins Schwanken.
Defensive – ausgerechnet bei Remigration
Anstatt die Frage nach der eigenen Definition des Begriffes souverän zu verwandeln und sich auf das Parteiprogramm zu berufen, ging Höcke in die Defensive: Remigration sei für ihn die Rückholung deutscher Fachkräfte in die Bundesrepublik – eine Aussage, die nicht nur bei Voigt und den Moderatoren Staunen auslöste. Diese mangels eigener Definition geöffnete Flanke wurde sogleich genutzt, um den Deportationslügen von Correctiv & Co breiten Raum einzuräumen. Diese konnten aber nur deshalb verfangen und Höcke in die Defensive drängen, weil er mit seiner ausweichenden Antwort zunächst den Eindruck vermittelte, hier gäbe es etwas zu verbergen.
Bücher und Reden als Waffe
Diese eingeläutete Defensive war der perfekte Zeitpunkt, um mit aus dem Kontext gerissenen Passagen aus Reden und Büchern weiter Druck zu machen. Auch hier gelang es Höcke nicht, mit klaren Ansagen und einer notwendigen Gegenoffensive wieder Raum zu gewinnen – stattdessen wurde sein Kontrahent spürbar selbstsicherer und angriffslustiger. Anschließend war der Komplex Erinnerungskultur und Holocaust an der Reihe. Eine undankbare Situation, da bei diesen Themen in einer TV-Debatte – in der markige Sprüche und pointierte Aussagen gefragt sind – nur schwer etwas zu gewinnen ist. Dennoch gelang es Höcke an dieser Stelle, der Defensive schrittweise zu entkommen und eigene Punkte zu setzen.
Identitätspolitische Schieflage entlarvt
Als dann das Thema auf die hanebüchene Anklage wegen der Verwendung der Parole „Alles für Deutschland“ kam, wendete sich das Blatt wieder. Für den Großteil der Zuseher dürfte die darin zur Schau gestellte Hysterie der Moderatoren nur schwer nachvollziehbar gewesen sein, die besonnenen Erklärungen Höckes wirkten wesentlich unaufgeregter und nachvollziehbarer. Insbesondere der von ihm aufgeworfene Kontrast mit linksextremen und antideutschen Parolen („Deutschland verrecke“, „Deutschland du mieses Stück Scheiße“) hat die identitätspolitische Schieflage in der Bundesrepublik deutlich entlarvt. Voigt agierte in dieser Phase lediglich als Statist der Moderatoren.
Transatlantikertum der CDU
Beim Schlussthema – Ukraine und Russland – war spürbar, dass die Luft und Spannung aus dem Duell bereits gewichen war. Höcke vertrat hier souverän die ohnehin bekannte Position der AfD und garnierte sie mit pointierter Kritik an amerikanischer Interventionspolitik und NATO. Voigt konnte als Vertreter der Transatlantiker-Partei CDU kaum wirkungsvolle Gegenakzente setzen, was insbesondere im Hinblick auf die westbindungs-kritische Wählerschaft in Thüringen ein deutlicher Minuspunkt sein dürfte.
Beide Seiten konnten Erfolge verzeichnen
So viel zum groben Verlauf. Wer hat das Duell nun gewonnen? Die Frage ist falsch gestellt. Wie AfD-Jungpolitiker Jean-Pascal Hohm auf X hingewiesen hat, war das Duell für beide Seiten ein Erfolg: Höcke „hat sich sehr gut geschlagen, konnte sich souverän und angriffslustig einem großen Publikum präsentieren, Sachverhalte aufklären und das eigene Programm vorstellen.“ Voigt hingegen konnte sich als „Höcke-Herausforderer Nr. 1 in Stellung bringen. Wichtig, um nicht in einem möglichen Zweikampf Höcke vs. Ramelow unter die Räder zu kommen.“
Beispielhafte Medienstrategie
Dennoch steht fest: Höcke hat einen äußerst souveränen Auftritt hingelegt und konnte seinen Kontrahenten über weite Strecken sogar zweifelsfrei dominieren. Die zwischenzeitliche Schwächephase war selbstverschuldet und kann mit einer anderen Strategie im Umgang mit Remigration zukünftig vermieden werden. Auch ein solcher Lerneffekt ist letztlich als positiv zu verbuchen. Besondere Erwähnung verdient auch die Medienkompetenz der AfD Thüringen: das Duell wurde von einem Faktenchecker am X-Account von Höcke begleitet, direkt im Anschluss gab es einen parteieigenen Livestream aus dem Landtag. Hier können sich viele Landesverbände ein Beispiel nehmen.
Klares Signal nach innen
Abschließend wurde durch das Duell deutlich: die von Voigt beabsichtigte „Entzauberung“ Höckes durch ein „inhaltliches Stellen“ gelang keineswegs. Das Gros der politischen Gegner der AfD dürften an diesem Abend froh gewesen sein, nicht in der Haut von Voigt zu stecken. Benedikt Kaiser bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Höcke ist die AfD, so wie es viele politische Gegner befürchten, so wie es viele Millionen Wähler hoffen.“ Das ist auch ein klares Signal nach innen: „Kein anderer AfD-Mandatsträger hätte bundesweit dermaßen viel Menschen zu WeltTV gebracht […] Das dürfte man im derzeitigen Bundesvorstand der Partei ganz genau wahrgenommen haben.“
Zusammenfassend gebührt Björn Höcke für die Leistung am gestrigen Abend Respekt und Anerkennung. Sich in einer solch feindlichen Umgebung derartig souverän zu schlagen, ist keine Selbstverständlichkeit.