27. November 2024

Patt-Situation in Sachsen: Ist Kretschmer bald Geschichte?

(Michael Kretschmer: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Auch wenn sie die Landtagswahl im September ganz knapp für sich entscheiden konnte, fehlt es der CDU momentan an Mehrheiten, um den Ministerpräsidenten zu stellen. Gerät die Brandmauer ins Wanken?

Die CDU Sachsen befindet sich in einer tiefen Krise. Bei der letzten Landtagswahl fuhr sie das historisch schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein. Der ursprüngliche Plan war die Bildung einer CDU-SPD-Regierung, bei der Kretschmer sich dann von einer parlamentarischen Mehrheit zum Ministerpräsidenten wählen lässt. Die CDU wird von den anderen Kartellparteien – außer der SPD – blockiert. Die Grünen, die bisher mit CDU und SPD in der Regierung gewesen sind, lehnen Kretschmer nach dessen schweren Attacken im Wahlkampf als „den obersten Wutbürger des Landes“ entschieden ab.

Radikale Linke als letzte Hoffnung

In seiner Not hat Kretschmer der Linkspartei, die bei der Wahl am 1. September an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war und nur durch zwei Direktmandate in den Landtag einzog, ein Angebot gemacht. Das hat der Linken-Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi laut Bild-Zeitung verraten. Demnach sei Kretschmer, der das schlechteste CDU-Ergebnis in der Geschichte einfuhr, auf die Linken zugekommen und habe nach Unterstützung bei den Wahlgängen gefragt. Gysi zeigte sich nicht abgeneigt. Allerdings verlangte er eine offizielle Kooperationsvereinbarung. Kretschmers Problem: Es gibt einen Unvereinbarkeitsbeschluss des CDU-Bundesparteitages mit der umbenannten SED.

Aber selbst wenn die Linke auf den Deal eingehen sollte, fehlen immer noch 13 Stimmen. Und da wird es schwer. Das BSW mit seinen 15 Parlamentariern hat nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen ebenfalls ausgeschlossen, Kretschmer wieder ins Amt zu verhelfen. Denn auf keine der BSW-Forderungen bei Finanz- und Migrationspolitik seien Christ- und Sozialdemokraten eingegangen, so Fraktionschefin Sabine Zimmermann. Unterdessen hat die Wagenknecht-Fraktion zweimal AfD-Anträgen zugestimmt.

Die AfD würde von Neuwahlen profitieren

Am Ende bleibt die AfD übrig, mit der jedoch nach bundesrepublikanischer Doktrin im Sinne der „wehrhaften Demokratie“ jede Zusammenarbeit zu vermeiden ist. Trotzdem stellt die AfD 40 Abgeordnete. Obwohl Kretschmer auf undemokratische Art die Zusammenarbeit mit der AfD ausschließt, würde er dennoch gerne ein paar Stimmen von AfD-Mandataren gewinnen. Wenn wir uns an den Demokratieskandal 2020 in Thüringen erinnern, bei dem eine demokratische Wahl des Ministerpräsidenten rückgängig gemacht wurde, nur weil sie durch AfD-Stimmen erfolgte, ist es fraglich, ob Kretschmer damit heute durchkäme.

Hat die Selbstzerstörung der CDU begonnen?

Doch unabhängig davon macht ihm die AfD-Fraktion in Sachsen wenig Hoffnung: „Stand jetzt und angesichts seiner Attacken auf unsere Partei werden wir gegen Herrn Kretschmer stimmen.“ Bestimmt der Landtag bis fünf Monate nach der Landtagswahl keinen Ministerpräsidenten, sieht die sächsische Verfassung Neuwahlen vor. Die Frist läuft am 31. Januar ab. Angesichts des sich abzeichnenden Debakels könnte sich die AfD Hoffnungen machen, die CDU dann als stärkste Kraft abzulösen. Wäre das zumindest in Sachsen jene Selbstzerstörung der CDU, die Krah im Interview mit Tilo Jung prophezeit hat? Die ersten Ereignisse bejahen zumindest diese These.

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