Die politische Kaste in Deutschland – inklusive der scheinbar konservativen Union – preist Einwanderung als vermeintliches Heilmittel für den Fachkräftemangel an, selbst wenn sie für Wahlkampfzwecke gelegentlich migrationskritische Töne anschlägt.
– ein Kommentar von Jurij Kofner
Dabei wird der Öffentlichkeit suggeriert, dass Zuwanderung die Antwort auf den wachsenden Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften sei, ohne die tatsächlichen Daten und Fakten genau zu beleuchten.
Doch die Realität zeichnet ein anderes Bild: Die deutsche Wirtschaft steht im Jahr 2024 vor einer besorgniserregenden Herausforderung. Fast eine halbe Million Fachkräfte fehlen, um den Bedarf der Unternehmen zu decken, und rund vier von zehn offenen Stellen für qualifizierte Arbeitskräfte bleiben unbesetzt – trotz der massiven Zuwanderung der letzten Jahre. Im Jahr 2014 konnte die Agentur für Arbeit noch keinen Fachkräftemangel feststellen, was zeigt, dass die Annahme der Eliten, Einwanderung könne die Fachkräftelücke schließen, ein Trugschluss ist.
Ein genauerer Blick auf die Zahlen ist ernüchternd. Die Qualifikationsstruktur der Einwanderer passt oft nicht zu den Anforderungen des deutschen Arbeitsmarktes. Die Lücke in Deutschland lässt sich nach Qualifikationsgraden unterteilen: Fachkräfte (abgeschlossene Lehre), Spezialisten (Meister oder Fachschulabschluss) und Experten (Hochschulabschluss). Dabei wiegt der Fachkräftemangel umso schwerer, je höher die Qualifikation. Aktuell beträgt der Mangel bei Fachkräften 41 Prozent, bei Spezialisten über 44 Prozent und bei Experten nahezu 60 Prozent.
Gleichzeitig ist der Arbeitsmarkt in Deutschland jedoch gesättigt mit über 1,2 Millionen arbeitslosen ungelernten Hilfskräften, was zu einem deutlichen Missverhältnis führt. Auf gut bezahlte Fachkräfte- und Expertenstellen mangelt es an Bewerbern, während Stellen für ungelernte Kräfte überlaufen.
Eine detaillierte Analyse zeigt, dass im Durchschnitt die Qualifikationen von Migranten stark von ihrem Herkunftsland abhängen. Die besten Chancen, zur Bekämpfung des Fachkräftemangels beizutragen, haben Zuwanderer aus westlichen und ostasiatischen Ländern, während die Qualifikationen von Migranten, insbesondere der Asylforderer, aus Afrika und dem Nahen Osten oftmals weit von den geforderten Standards entfernt sind. Laut dem zuletzt im Jahr 2021 veröffentlichten Mikrozensus haben 22 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund einen höheren Fach- oder Hochschulabschluss, was der Nachfrage im Bereich der Experten entspricht. Bei Ausländern liegt dieser Anteil bei nur 20 Prozent. Auch im Bereich der Spezialisten, etwa mit Fachschulabschlüssen, sind Deutsche (über 11 Prozent) deutlich besser aufgestellt als Zuwanderer (6 Prozent). Im Segment der Fachkräfte zeigt sich ein ähnliches Bild: Über 52 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund haben mindestens eine zweijährige Lehre abgeschlossen, bei Ausländern sind es lediglich 22 Prozent. Besonders alarmierend ist der Anteil jener, die überhaupt keinen Berufsabschluss haben: Während es unter den einheimischen Deutschen 15 Prozent sind, ist es bei Ausländern jeder Zweite.
Interessanterweise wurde der Mikrozensus, eine der bedeutendsten statistischen Erhebungen zur Bevölkerung, zuletzt 2021 veröffentlicht und seitdem nicht mehr aktualisiert. Das ist sicherlich kein Zufall. Die politisch Verantwortlichen wollen so vermeiden, dass genau diese ernüchternden Zahlen öffentlich werden, welche die Missverhältnisse bei der Qualifikationsstruktur zwischen verschiedenen Zuwanderergruppen verdeutlichen – und somit die Strategie „Einwanderung als Lösung des Fachkräftemangels“ ernsthaft infrage stellen würden.
Darstellung Bildungsniveau der Deutschen ohne Migrationshintergrund und der in Deutschland lebenden Ausländer (2021)
Quelle: Eigene Darstellung. Destatis (2021).
Betrachtet man die Herkunftsregionen der Zuwanderer genauer, zeigen sich markante Unterschiede: Rund 34 bis 43 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen aus den USA, Großbritannien und Österreich verfügen über einen Experten-Abschluss. In der ostasiatischen Einwanderergruppe ist dieser Anteil sogar noch höher: Über die Hälfte der Inder und zwei Drittel der Chinesen in Deutschland haben einen Hochschulabschluss. Die hohe Qualifikation dieser Einwanderer spiegelt sich auch in den Verdiensten wider: Eine Studie des IW Köln zeigt, dass Inder mit einem monatlichen Bruttomedianverdienst von knapp 5.000 Euro an der Spitze stehen, gefolgt von Österreichern, US-Amerikanern, Briten und Chinesen. Deutsche Bürger verdienen im Durchschnitt 3.643 Euro brutto im Monat, Ausländer im Allgemeinen jedoch nur 2.728 Euro.
Am anderen Ende des Spektrums finden sich Zuwanderer aus der MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika), die mehrheitlich keine berufliche Qualifikation vorweisen können. Rund 56 Prozent aller Afrikaner, 73 Prozent der Syrer, 74 Prozent der Iraker und drei Viertel der Afghanen in Deutschland haben keinen Berufsabschluss. Mit Irritation lässt sich feststellen, dass auch knapp 60 Prozent der türkischen Gemeinschaft keinen Abschluss vorweisen, obwohl sie bereits seit den 1970er-Jahren in Deutschland ansässig ist.
Diese Unterschiede zwischen den Nationalitäten und Pan-Regionen sind entscheidend für die Frage, ob Einwanderung den Fachkräftemangel überhaupt sinnvoll bekämpfen kann. Der deutsche Arbeitsmarkt braucht hochqualifizierte Arbeitskräfte, um den Mangel an Experten, Spezialisten und Fachkräften zu schließen – und weniger unqualifizierte Hilfskräfte. Die Herkunftsregion spielt dabei eine maßgebliche Rolle. Eine gut durchdachte Migrationspolitik sollte die Einwanderung von hochqualifizierten Fachkräften erleichtern, während sie die Einwanderung unqualifizierter Arbeitskräfte gezielt begrenzt.
Bei der Einwanderungsdebatte geht es natürlich nicht nur um wirtschaftliche Aspekte. Zwar wird oft argumentiert, dass qualifizierte Migration zur Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit beitragen kann. Doch die Migrationsfrage ist in erster Linie aus demografischer, kultureller und sicherheitspolitischer Sicht zu betrachten – Aspekte, die für die gesellschaftliche Stabilität langfristig wichtiger sind als rein ökonomische Überlegungen.