„Es eskaliert – Erdogan-Fans stürmen Wien-Favoriten“ und „Deutsch-Türken deutlich für Erdogan – Autokorsos in Duisburg, München und Berlin”. Linksliberale Journalisten und Politiker sind wieder einmal fassungslos: Jene Migranten, die in Deutschland multikulturelle und progressive Parteien wählen, verhelfen in ihrer Heimat einem bekennenden Nationalisten zum Sieg. Doch warum ist das so? Unser Gastautor Robert Wagner erläutert für unsere Leser das Phänomen der ethnischen Wahl.
Ein Strategiebeitrag von Robert Wagner
Recep Tayyip Erdogan siegt in der Stichwahl und bleibt somit für die nächsten fünf Jahre türkischer Präsident. Auch in Europa ist das nicht zu übersehen: In fast allen Großstädten kam es zu spontanen Aufmärschen, Autokonvois und Siegesfeiern durch türkische Migranten. Multikulturelle Journalisten und Politiker vergießen in den sozialen Medien bittere Tränen über den vermeintlichen „Verrat“ ihrer importierten Klientel – so etwa Florian Klenk, der die Welt nicht mehr versteht:
In einer westlichen Demokratie leben mit allen Freiheiten, auch wegen des eigenen Wohlstands. Und zu Hause den Autokraten wählen, der all diese westlichen Freiheiten beschränkt. Das ist eine Doppelmoral, die ich nie verstehen werde.
— Florian Klenk (@florianklenk) May 28, 2023
Phänomen ist bekannt
Dabei ist das Phänomen keineswegs neu: Bereits im Zuge der türkischen Präsidentenwahl im Jahr 2018 stimmten 72 Prozent der Doppelstaatsbürger für den nationalistischen Erdogan. Das wiederholte sich nun auch fünf Jahre später: In Österreich entfielen im ersten Wahlgang etwa 73,21 Prozent der Stimmen auf Erdogan. Lediglich 24,57 Prozent der Wahlberechtigten schenkten dem Herausforderer ihr Vertrauen. Ähnliche Trends zeichnen sich auch im Rest Europas ab: Auslandstürken in Belgien unterstützten den türkischen Präsidenten beispielsweise mit 71-prozentiger, in Deutschland mit rund 65-prozentiger sowie in Frankreich und Dänemark mit etwa 60-prozentiger Mehrheit.
Die Ethnische Wahl
Die Tatsache, dass Austro-Türken in ihrer Heimat einen prononcierten Nationalisten an die Spitze ihres Staates wählen, in Österreich aber linke Regenbogen-Parteien wie die SPÖ unterstützen, mag im ersten Moment nicht stringent wirken. Führt man sich jedoch vor Augen, dass es dieser Personengruppe um das Wohl ihres eigenen Volkes geht, ergibt das Wahlverhalten durchaus Sinn. Das Prinzip ist simpel und wurde bereits 1994 von Rolf Peter Sieferle in seinem Werk “Epochenwechsel” folgendermaßen erfasst:
„In dem Maße, wie die Einwanderungszahlen steigen, werden sich einzelne Einwanderergruppen als nationale oder kulturelle Minderheiten konstituieren, mit der logischen Folge einer Forderung nach Sonderrechten. Da das politische Gewicht einer solchen Minorität mit der Zahl ihrer Mitglieder steigt, hat sie ein Interesse daran, eine weitere Einwanderung der eigenen Volksangehörigen zu erleichtern. Der Einwanderungsprozeß kann schließlich insofern selbsttragend werden, als die Rücksicht auf nationale Minderheiten im Inland eine Abweisung späterer Zuwanderer erschwert.“
In allen Untersuchungen weisen vor allem nicht-europäische Einwanderer in Österreich eine hohe Parteipräferenz für die SPÖ auf. Die von der NGO „SOS Mitmensch“ regelmäßig veranstaltete, symbolische „Pass Egal Wahl“, die auch Nichtstaatsbürger einschließt, zeigt, wohin das führen könnte. Bei der Präsidentschaftswahl im Herbst 2022 erreichte der linksliberale Van der Bellen knapp 75 Prozent. Die rechten Kandidaten Walter Rosenkranz und Gerald Grosz kamen auf jeweils nur drei und zwei Prozent. Die Wahl in Niederösterreich zeigt eine noch größere Diskrepanz: Die Grünen kämen auf 42 Prozent (Realergebnis: 7,59 Prozent), während die FPÖ nur 4,3 Prozent der Stimmen erreichen würde (Realergebnis: 24,19 Prozent).
Gespaltene Identität
Während türkische Migranten also hierzulande für eine linksliberale, progressive Partei votieren, stimmen sie in ihrer Heimat für das genaue Gegenteil. Das demonstriert: Ersetzungsmigranten stimmen nicht wie Einheimische mit einem ähnlichen Einkommen und ähnlichen Werten ab. Ein religiöser, konservativer, patriotischer Österreicher wählt in der Regel Parteien wie ÖVP oder FPÖ, die seine Werte vertreten. Ein religiöser, konservativer, patriotischer Türke wählt in Österreich hingegen Parteien wie die SPÖ, die Conchita Wurst hofieren. Kurz gesagt: Migranten wählen zuhause patriotische und hier antipatriotische Parteien. Sie wollen ihre Heimat stark, stolz, geeint und homogen. Ihr Gastland wollen sie schwach, verwirrt, multikulturell, gespalten und „offen“. Der in Österreich lebende „Integrationsexperte“ Kenan Güngör bestätigt diesen Trend: Ein Großteil der Türken wären zwar „ländlich geprägt und wertkonservativ”, dennoch wählen sie „tendenziell eher linke oder liberale Parteien“.
Tribalistisch und Taktisch
Die ethnische Wahl ist, wie die Forscherin Raphaela Dancygier festhält, „clanbasiert, klientelhaft und nicht-ideologisch“. Parteizugehörigkeit ist ein bloßes „Organisationsvehikel“. Die ethnischen Blöcke in urbanen Ballungszentren stimmen einheitlich ab und stellen somit einen ungemeinen Machtblock dar. Demographische Masse, patriarchale Organisation und tribale Disziplin wirken wie ein „kollektivistischer Cheatcode“ gegen das System der Demokratie, welches auf individuelle, atomisierte „Staatsbürger“ zugeschnitten ist. Immer wieder tauchen beispielsweise Berichte über Wahlkarten auf, die in Wiener Moscheen en masse ausgefüllt wurden.
Je höher der Migrantenanteil ist, desto volatiler und taktischer wird das Wahlverhalten. Je nachdem, welche Partei das bessere Angebot macht, werden auch ÖVP und NEOS beziehungsweise CDU oder FDP gewählt. Vor allem ist hier entscheidend, dass ein Clan- oder Familienangehöriger als Kandidat aufgestellt wird (der kürzlich in einem Ehrenmord hingerichtete türkische Fußballspieler Volkan Kahraman war beispielsweise ein ÖVP-Kandidat). Die Fremden wissen genau: Blut ist dicker als Wasser und Verwandtschaft hält länger als Wahlversprechen. Während man aus den Systemparteien pragmatisch jene mit dem „besten Angebot“ wählt, werden migrationskritische Parteien von nicht-europäischen Migranten so gut wie nie gewählt.
Der Teufelskreis
Die Wahlstimmen der Migranten sind – anders als die der wegsterbenden einheimischen Pensionisten und des stagnierenden bis schrumpfenden Nachwuchses – das einzige Segment „mit Zukunft“. Solange der Bevölkerungsaustausch anhält, wächst es durch Ersetzungsmigration und Ersetzungsgeburten. Die importierte „demographische Biomasse“ wird durch Masseneinbürgerungen zur „demokratischen Biomacht“. Das Teuflische an diesem Prozess ist, dass er umso schneller und effektiver wird, je weiter er voranschreitet. Je mehr Migranten im Elektorat vertreten sind, desto eher werden migrationsfreundliche Parteien gewählt. So entstehen Mehrheiten für raschere Einbürgerungen, die wiederum die ethnische Wahl stärken. Dies könnte eines Tages zu einer Mehrheit für das Ausländerwahlrecht führen, das allein in Wien auf einen Schlag 500.000 „neue Wähler“ erzeugen würde. Wie schmelzendes Packeis verläuft die ethnische Wahl erst schleichend, bis urplötzlich der Machtblock der Einheimischen wegbrechen könnte. Der „Einwanderungsprozeß“ wird, wie Sieferle schreibt, „selbsttragend“. Die Einheimischen verlieren jede Chance auf politische Mitgestaltung.
Kampf um Volk und Demokratie
Indem die „Austauschparteien“ migrantische Enklaven wie „Wählerstimmenbatterien“ behandeln, tun sie alles, was ihr Wachstum fördert. Ob Einwanderung, Familienzusammenführung oder „Fütterung“ mit einheimischem Steuergeld. All das führt zum demographischen Wachstum der Ghettos, wodurch die Macht des multikulturellen Establishments gesichert wird – vorerst. Die verräterischen „Austauschparteien“, die ihre Stimmen importieren und damit das Selbstbestimmungsrecht des eigenen Volkes untergraben, werden eines Tages mit Ausländerparteien konfrontiert sein, die ihnen auf einen Schlag alle migrantischen Stimmen abspenstig machen könnten. Ihr selbstsüchtiger Pakt mit der ethnischen Wahl wird ihr politisches Überleben also nicht auf Dauer sichern.
Die ethnische Wahl widerspricht dem theoretischen Konzept der Demokratie völlig. Statt über eine offene Debatte und den „Wettbewerb von Ideen“ die besten Lösungen für das Gemeinwohl zu finden, geht es bei ihr primär um biologisches Wachstum und demographisches Stimmgewicht. Einwanderung und Geburtenrate ersetzen die politische Überzeugungsarbeit. Der Staat wird zum Beutewert der Banden und zerfällt. Denn erst eine substanzielle Homogenität, gewährleistet durch die ethnokulturelle Identität, ermöglicht eine Vielfalt an politischen und religiösen Ansichten. Die abstrakte demokratische Debatte braucht als einende Basis das konkrete Volk. Ein Vielvölkerstaat ohne ethnokulturell begründetes Wir-Gefühl und Gemeinwohl endet unweigerlich in Bürgerkrieg oder Diktatur.
Aufgabe der patriotischen Opposition ist es also, das verräterische Treiben der Parteien aufzudecken und den Bevölkerungsaustausch aufzuhalten, bevor er durch die ethnische Wahl politisch zementiert wird. Dieser Kampf ist „urdemokratisch“. Denn die gegen den Mehrheitswillen lancierte, undemokratische Migrationspolitik zerstört mittels der ethnischen Wahl in ihrer letzten Konsequenz die Möglichkeitsbedingung jeglicher Demokratie.
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