Mit großen Hoffnungen mobilisierte gestern Abend die politische Linke zur „Großkundgebung“ gegen Rechts in Wien. Doch das Ergebnis ist bescheiden: Etwa 35.000 Menschen sollen daran teilgenommen haben, Luftbilder lassen auch weniger vermuten. Es war ein Wohlfühlritual der linken Zivilgesellschaft, über der wie ein Damoklesschwert das Spaltpotenzial des Nahostkonfliktes hängt.
Seit zwei Wochen versuchen linke Journalisten, Politiker und Aktivisten verzweifelt, den inszenierten Potsdam-Skandal nach Österreich zu importieren. Den vorläufigen Höhepunkt dieser Bemühungen sollte die gestrige Anti-Rechts-Demo in Wien bilden – doch die fiel sprichwörtlich ins Wasser. Strömender Regen begleitete die üblichen Verdächtigen einer staatlich finanzierten „Zivilgesellschaft“, die gratismutig ein „Zeichen setzen“ wollten. Dabei zeigen bereits die Teilnehmerzahlen, dass dieses Vorhaben bei den Österreichern kaum auf Resonanz stößt.
Überschaubare Mobilsierung
Während die Veranstalter von 80.000 Teilnehmern fantasieren, spricht die Polizei von etwa 35.000 Menschen, die sich gestern vor dem Parlament am Ring versammelt haben sollen. Davor schwurbelte der linke Journalist Robert Misik noch euphoriebesoffen : „Ganz Wien auf den Beinen“. Die Luftbilder der Rathaus-Webcam entlarven dann das bescheidene Ausmaß der selbsternannten „Großkundgebung“: Gerade einmal von der U-Bahn-Station Volkstheater bis zur Kreuzung Rathausplatz eine dicht gedrängte Menge, beim Burgtheater bereits wieder gähnende Leere. Angesichts dessen könnte man die Teilnehmerzahl auch gut und gerne auf 15.000 bis maximal 25.000 schätzen. Aber das ist gar nicht der Punkt.
Der eigentliche Punkt: Ebenso wie die Proteste in der Bundesrepublik haben es die gestrigen Demonstrationen in Wien, Salzburg und Innsbruck nicht geschafft, über das überschaubare Milieu linker Dauerempörten hinaus zu mobilisieren. In Deutschland unterstützen trotz des politisch-medialen Dauerfeuers gerade einmal 37 Prozent der Bevölkerung die Anti-Rechts-Proteste, in Österreich dürfte der Wert noch weitaus geringer sein. Mag es für die Teilnehmer eine kurzfristige Befriedigung sein, in der behaglichen Wärme der Menge Sprechchöre gegen „den Faschismus“ zu rufen – der Protest bleibt letztlich ohnmächtig und politisch wirkungslos.
Innerlinke Spaltung und rechter Protest
Hinzu kommt, dass auch die Demonstration in Wien von der innerlinken Spaltung durch den Nahostkonflikt überschattet wurde. So skandierte eine Gruppe pro-palästinensischer Demonstranten während der gesamten Kundgebung einschlägige Parolen – ohne, dass die Veranstalter oder die zu tausenden versammelten, beherzten Antifaschisten eingeschritten wären. Das stieß auch DÖW-Mann Bernhard Weidinger sowie Standard-Journalisten Markus Sulzbacher auf X sauer auf. Letzterer sprach sogar davon, dass sich „anwesende Juden & Jüdinnen nicht sicher fühlten.“ Zu allem Überdruss führten rechte Aktivisten am Palais Epstein dann eine Aktion durch und konfrontierten die Teilnehmer der Demonstration mit einem Remigrationsbanner: „Wien ist anders. Wenn die Regierung zu Demos gegen die Opposition aufruft, vertreten wir die schweigende Mehrheit”, so die Aktivisten.
Wohlfühlritual der Dauerempörten
Am Ende des Tages bleibt folgendes Fazit: Das linke Milieu der selbsternannten „Zivilgesellschaft“ hat sich gestern in einem quasi-esoterischen Wohlfühlritual in ihrer Abneigung gegen FPÖ, AfD & Co bestätigt – ein echtes Momentum blieb aus. Da die gerade politische Linke nicht von der allgemeinen sozio-demografischen Entwicklung verschont bleibt (je jünger, desto migrantischer & pro-palästinensischer), droht mittel- bis langfristig ein Riss entlang der Frage Israel/Palästina – das hat sich gestern bereits exemplarisch gezeigt. Der verzweifelte Versuch, den „antifaschistischen Fieberwahn“ von der Bundesrepublik nach Österreich zu einzuschleppen, ist jedenfalls vorerst gescheitert. Ein Termin für eine Folgekundgebung wurde vonseiten der Veranstalter nicht bekannt gegeben – auch das spricht Bände.