04. September 2023

E-Mail an VICE, ORF & Co: Vorwürfe gegen Bonvalot seit 2018 bekannt
Fotomontage: Michael Bonvalot (Archiv)

Am Freitag wurden schwere Vorwürfe gegen den bekannten Antifa-Fotografen Michael Bonvalot öffentlich. Die Reaktionen zeigen: Die linksextreme Szene wusste seit Jahren Bescheid. Dem Heimatkurier liegt nun eine brisante E-Mail aus dem Jahr 2018 vor. Sie enthält idente Vorwürfe und war an jene Medien adressiert, die Bonvalot bis zuletzt bereitwillig eine Plattform geboten haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Hinweis: Für Michael Bonvalot gilt die Unschuldsvermutung – der Heimatkurier berichtet über die gegen ihn als Person des öffentlichen Interesses erhobenen Vorwürfe, macht sich diese jedoch nicht zu eigen.

Der „Heimatkurier“ berichtete am vergangenen Freitag als einer der ersten Medien über die schweren Vorwürfe gegen den Antifa-Fotografen Michael Bonvalot. Er soll über Jahre hinweg seine Stellung in der Szene für die Ausübung sexueller Gewalt ausgenutzt haben – auch gegenüber Minderjährigen. Die Reaktionen seiner Genossen sind entlarvend: Zwar distanzieren sich nahezu alle geschlossen von Bonvalot – geben aber gleichzeitig zu, seit Jahren Kenntnis von den Vorwürfen gehabt zu haben.

Szene weiß seit Jahren Bescheid

Exemplarisch dafür stehen die Reaktionen von Bernhard Weidinger (DÖW) und Fabian Lehr, die sich beide in den sozialen Medien zum Bekanntwerden der Vorwürfe äußerten. Weidinger schreibt etwa: „Ich hatte in letzter Zeit Andeutungen gehört u bin ihnen zu wenig nachgegangen. Es war bequemer anzunehmen, es gehe dabei um lang zurückliegendes, inzw. reflektiertes/überwundenes Verhalten. Die Weigerung, genauer hinzusehen, erscheint heut als Täterschutz durch Unterlassung.“ Der Kommunist Lehr schreibt auf Facebook öffentlich, dass er „all das, was in diesem Statement steht, schon vor zig Jahren von zig verschiedenen Personen in linken Kontexten gehört habe.“ Das belege, „dass diese Vorwürfe aus der linken Szene selbst kommen und jahrelang kaum Reaktionen auslösten.“

Brisante Mail aus dem Jahr 2018

Doch nicht nur das: Dem Heimatkurier liegt ein brisantes Schreiben aus dem Jahr 2018 vor, das per Mail von einer mutmaßlich Betroffenen an diverse linke Organisationen sowie an die Redaktion von VICE, FM4 (ORF), Das Biber und die Junge Welt geschickt wurde – allesamt Medien, die Bonvalot über Jahre hinweg eine verlässliche Plattform geboten haben. Bereits der Titel lässt tief blicken: „Der Harvey Weinstein der Wiener Linken?“ Demnach sei in einer bekannten linken Kleingruppe „immer wieder zu hören“ gewesen, „dass er in den Jahren vor seinem Austritt 1997 – damals zwischen 20 und 25 Jahre alt – […] systematisch junge Mädchen zwischen 13 und 16 Jahren angestiegen, verführt, bedrängt, begrapscht, belästigt haben soll. Beim abschleppen von betrunkenen Minderjährigen soll die Grenze zwischen „Verführung“ und Vergewaltigung oft nicht mehr so klar gewesen seien.“ Die Verfasserin selbst habe später „seine schmierigen Anmachversuche, bei gleichzeitiger Inszenierung als Oberfeminist, dann im linken Milieu live erlebt, persönlich und bei einigen anderen Frauen.“

„Restlficken“

Die Vorwürfe und Anschuldigungen in der Mail gleichen sich weitestgehend mit jenen, die am Freitag öffentlich wurden. Besonders brisant ist folgende Passage: „Seine Anmachversuche waren in der wiener linken legendär. Es hieß, er krallt sich jede, die nicht bei 3 auf einem Baum ist. Er selbst sprach offenbar wörtlich ganz „lustig“ von „Restlficken“ (gemeint war war das möglichst lange ausharren auf linken oder Unifesten, um spät in der Nacht noch eine übriggebliebene betrunkene Frau abzukriegen). Bei solch inflationären Versuchen hat B. dann doch immer wieder Frauen (und sehr junge Mädchen) gefunden, die betrunken oder verzweifelt genug war, um sich von seinem endlosen Geplappere und seinem politischem Posen beeindrucken zu lassen und mit ihm mitgegangen sind.

Warnung blieb ohne Konsequenzen

Das Verfassen der Mail begründete die Autorin anno 2018 folgendermaßen: „Da gerade Bonvalot auf seinem Blog für einen „Journalismus mit Meinung und Haltung“ wirbst (sic!) und sich als moralische Instanz für alles mögliche aufspielt, ist es an der Zeit mal Klartext zu sprechen. Und da die linken Gruppierungen sich ja positiv auf #metoo beziehen, sollten sie vielleicht auch mal im eigenen Milieu für Transparenz und Sauberkeit sorgen. Und die progressiven Medien für die Bonvalot aktuell als progressiver Journalist tätig ist, sollte vielleicht mal hinterfragen, was für einen Typen sie sich da an Bord geholt haben.“ Doch bekanntlich blieben diese Warnungen – aus welchen Gründen auch immer – ungehört. Es sollte noch fünf weitere Jahre dauern, bis die Vorwürfe letzten Freitag schließlich öffentlich wurden und in der linken Twitter-/X-Blase zu heftigen Reaktionen und dem landesweiten „Trenden“ entsprechender Hashtags („Bonvalot“, „Missbrauch“, et cetera) führte.

Erschreckendes Sittenbild

Die Causa Bonvalot wirft damit ein erschreckendes Schlaglicht auf die linksliberale bis linksextreme Polit- und Medienlandschaft in Österreich. Der umtriebige Antifa-Fotograf konnte sich trotz der Schwere der Vorwürfe jahrelang ungehindert in ihr bewegen, Netzwerke knüpfen und wurde schließlich sogar als Experte hofiert – selbst der ORF und die deutsche Tagesschau schreckten nicht vor Einladungen in ihre Sendungen zurück. Zur Erinnerung: Es handelt sich um dasselbe Milieu, das noch vor einigen Wochen den deutschen Sänger Till Lindemann zum Abschuss freigegeben hat. Kein Wunder, dass sich die Mainstream-Medien bislang mit einer dem Vorfall entsprechenden Berichterstattung zurückhalten – gegen Seinesgleichen schießt man unter selbsternannten kritischen Journalisten mit „Haltung“ dann doch ungern.

Bonvalot: Klage und „Reflexionsprozess“

Bonvalot selbst wandte sich seit Bekanntwerden der Vorwürfe mit zwei Statements an die Öffentlichkeit: Während er zunächst offensiv „rechtliche Schritte“ – unter anderem eine Verleumdungsklage – ankündigte, bittet er in der Zweiten spürbar defensiver um „ein wenig Zeit, um mich zu sammeln und mit dieser Situation umzugehen.“ Er befinde sich seit Jahren in einem „Reflexionsprozess“ – so sei ihm durchaus bewusst, dass er sich in der Vergangenheit „nicht immer adäquat verhalten habe […] Etwa in der Frage, in welchen Situationen und Konstellationen es passend ist, als Mann eine Frau anzuflirten.“ Alle strafrechtlich relevanten Vorwürfe weist er jedoch von sich und hofft „auf eine möglichst schnelle rechtliche Klärung“.

Die Causa Bonvalot erinnert entfernt an den politmedialen Umgang mit dem Schauspieler Florian Teichtmeister. Auch damals waren die Vorwürfe innerhalb der Szene längst bekannt – dennoch wurde er weiterhin für Rollen und Auftritte engagiert. Erst das Bekanntwerden der Ermittlungen machte diesem unwürdigen Treiben ein Ende.

Wir weisen darauf hin, dass für Michael Bonvalot die Unschuldsvermutung gilt. Wir dokumentieren hiermit lediglich die öffentlich erhobenen Vorwürfe gegen ihn als Person des öffentlichen Interesses und machen uns diese nicht zu eigen. Da er sich mittlerweile öffentlich selbst zu den Vorwürfen zu Wort gemeldet hat, verwenden wir in diesem Artikel seinen vollen Namen – so wie das bereits andere Personen und Medien handhaben. Auf die schriftlichen Anfragen des Heimatkuriers über das Kontaktformular auf seiner Webseite hat er bislang nicht reagiert.

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