11. November 2023

Ein Ende in Stahlgewittern: Wracksuche nach dem Kleinen deutschen Kreuzer „Emden“
Matrosen: Photo Lechter, Public domain, via Wikimedia Commons, SMS Emden: Hans Bohrdt, Public domain, via Wikimedia Commons, Komposition: Heimatkurier

Am 9. November 1914 bestritt der Kleine Kreuzer SMS Emden im Indischen Ozean sein letztes Gefecht. Dem ging eine beeindruckende Kaperfahrt zuvor, die das britische Empire monatelang in Atem hielt. Ein Teil der Besatzung schlug sich nach der Niederlage bis nach Konstantinopel durch – eine filmreife Odyssee. Franz Spitzauer skizziert für den Heimatkurier Geschichte und Mythos des erfolgreichsten Kriegsschiffes der deutschen Marine im Ersten Weltkrieg.

Ein Beitrag von Franz Spitzauer

An der Wand des Moghrabi-Theaters mitten in Tel Aviv sorgte in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts ein großes Werbeplakat für Aufmerksamkeit: Es warb für den Kinofilm „Emden“. Eine dramatisch gestaltete Bemalung zeigte auf dem Filmplakat ein Kriegsschiff – mit nach oben gerichteten Kanonenrohren in rauer See und unter Beschuss. Das Thema „Emden“ hatte damals international Konjunktur. Es ging – auch Jahre nach dem Ersten Weltkrieg – um das Schicksal des 1914 unter heroischen Umständen verloren gegangenen Kleinen deutschen Kreuzers namens „Emden“.

Der Robin Hood der Kreuzer

Der Kreuzer der deutschen Marine (Stapellauf 1908, Höchstgeschwindigkeit 24 Knoten gleich 44 km/h, 361Mann Besatzung) war in Ostasien stationiert, als mitten im Sommer 1914 der Ersten Weltkrieg begann. Vom deutschen Außenposten Tsingtau aus, wo auch der österreichische Kreuzer „Kaiserin Elisabeth“ lag, startete das Schiff ganz auf sich alleine gestellt zu einer mehrmonatigen und überaus erfolgreichen Kaperkriegsfahrt, die einen Mythos begründete, der bis heute anhält. Waren es in den 30er Jahren gleich mehrere Kinofilme, die sich in der damals üblichen Schwarz-Weiß-Dramatik des Themas annahmen, sind seither und quasi weltweit zahlreiche Erinnerungsmedien, -orte und -stücke entstanden, die eines zeigen: der Kleine deutsche Kreuzer SMS (Seiner Majestät Schiff) „Emden“ war eine maritime Ausnahmeerscheinung, Kommandant Karl von Müller ein „gentleman of war“.

Foto: Franz Spitzauer

Es geht um ein deutsches Kriegsschiff, das sich gleichsam popkulturell und einer Art Robin Hood ähnlich seinen – mit Sicherheit auch verdienten Platz  – in der Erinnerungskultur selbst geschaffen hat. Soldatisches Führertum als Markenwert also. Mit Ernst Jünger in einem Atem zu nennen. Die „Emden“ war – das lässt sich so sagen – das erfolgreichste Kriegsschiff der deutschen Marine im Ersten Weltkrieg.

Ritterlichkeit auf hoher See

Die norwegische Zeitung Aftenposten hat das später mit den Worten „Was die Emden geleistet hat, ist ohnegleichen in der Kriegsgeschichte“ honoriert. Zu diesem Nimbus beigetragen hat die Art der Kriegsführung, mit der die „Emden“ und ihr Kommandant Karl von Müller auf dem Meer unterwegs waren. Zupackend, mutig, Chancen erkennend, den Gegner ohne Scheu angehend, gleichzeitig aber auch großmütig und hochanständig in der Behandlung besiegter Angehöriger anderer Seemächte.

Foto: Franz Spitzauer

Es war der Geist deutschnational geprägter, aber international orientierter Ritterlichkeit, der – in den Reihen der deutschen Marine üblich – gepaart mit den faktischen Erfolgen der „Emden“, also den Versenkungsziffern, für Furore sorgte. Und das kleine deutsche Kriegsschiff über die Zeiten hinweg  zu einem Begriff gemacht hat. Um eine Anleihe bei Wikipedia zu nehmen: „Das Schiff selbst wurde nachträglich für seine erzielten Erfolge mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Aufgrund ihrer Leistungen trugen alle vier Nachfolger des gleichen Namens das Eiserne Kreuz an Bug bzw. Aufbauten.“ Außerdem und in jeder Hinsicht einmalig in der Marinegeschichte: „Die Überlebenden des letzten Gefechtes erhielten das Recht, den vererbbaren Namenszusatz „Emden“ zu verwenden.“

Anerkennung durch den Gegner

Während der Zerstörung einer britischen Kabelstation auf einem kleinen Archipel im Indischen Ozean wurde die „Emden“ am 9. November 1914 von einem weit überlegenen australischen Kreuzer (HMAS Sydney) gestellt, zusammengeschossen und in auswegloser Lage vom Schiffsführer auf ein Riff gesetzt. Der Landungszug, der mit der Zerstörung der Kabelstation beauftragt war, musste das Drama mit ansehen, entkam aber unter abenteuerlichen Umständen und erreichte Monate später nach einer wahren Odyssee die Heimat. Letzterem Abenteuer haben sich im deutschen Raum Fernsehen und Kino erst vor wenigen Jahren angenommen. Titel eines der Filme: „Die Männer der Emden. 13.000 Kilometer. Die wahre Geschichte einer unglaublichen Odyssee.“ Der Film ist gut gemacht, spannend und liefert nachvollziehbare deutsche Marinegeschichte. „So eindrucksvoll sieht großes Kino made in Germany aus“, kommentierte die Berliner Zeitung.

Foto: Franz Spitzauer

Auch die Briten als Hauptgegner konnten und wollten der „Emden“ damals nach ihrem Untergang 1914 die Anerkennung nicht versagen, allen voran die Times, die schrieb: „Die Nachricht, dass die Emden schließlich ihr unvermeidliches Ende gefunden hat, ist hierzulande mit großer Befriedigung aufgenommen worden. Ihr Schicksal hat aber noch andere Gefühle erweckt: (Es) waren ihre Taten durch Wagemut und Unternehmungslust gekennzeichnet, Eigenschaften, die in einem Volk mit der Marinetradition Englands Anerkennung finden müssen. …. Es gibt nur wenige Ereignisse in der neueren Seekriegsgeschichte, die bemerkenswerter wären als die glänzende Laufbahn der kleinen ‚Emden‘.“ Das hat auch der damalige britische Marineminister Winston Churchill anerkannt, als er in seinen Tagebüchern festhielt, die deutschen Auslandskreuzer und vor allem auch die „Emden“ hätten „ihre Pflicht getan und gut…“.

Die „Emden“ hielt monatelang das Empire in Atem

Vor ihrem Ende auf den Cocos-Inseln lagen in der Tat Monate des Erfolges. Bei den Briten als „German raider Emden“ gefürchtet, fuhr das deutsche Schiff durch die Weiten des Indischen Ozeans und versenkte, versenkte und versenkte und kaperte, und kaperte, nahm Prisen und brachte auf, wie das so schön hieß. 23 gegnerische Handelsschiffe wurden Opfer der „Emden“ (16 versenkt, 7 aufgebracht) und das im kurzen Zeitraum von zwei Monaten. In einem Akt von Kühnheit drang die „Emden“ auch in den Hafen von Penang in Britisch-Malaysia ein und versenkte einen dort liegenden russischen Kreuzer sowie einen französischen Torpedobootszerstörer. Der deutsche Kreuzer „hielt das Empire in Atem“, wie die Tageszeitung „Die Welt“ 2014 und somit 100 Jahre nach den Geschehnissen schrieb.

Foto: Franz Spitzauer

Endgültig aufgeschreckt und verstört war die britische Welt in diesem Raum, als der Kleine deutsche Kreuzer dann auch noch unversehens vor Madras in Britisch-Indien auftauchte und die dortigen Öltanks beschoss. Nicht nur die Briten, wenn auch negativ, auch die Eingeborenen waren beeindruckt. In der Sprache der Tamilen gibt es seither den Begriff „emtan“ mit der Bedeutung, ein schlauer Fuchs sein. Ähnliches hat der Raid der „Emden“ im Singhalesischen bewirkt, wo das Wort „amden“ seither so etwas wie einen kecken Unruhestifter bezeichnet. Eines schaffte die „Emden“ mit ihren Taten jedenfalls: den Schiffsverkehr im Indischen Ozean lahmzulegen. Selbst die Truppentransporte von Australien und Neuseeland Richtung Europäischem Kriegsschauplatz wurden zeitweise eingestellt und dann nur mehr mit Kriegsschiffen begleitet.

Auf den Cocos/Keeling-Inseln: Österreicher auf der Suche nach dem Emden-Wrack

SMS Emden, eine Erfolgsgeschichte also. Auf der Suche nach dem Emden-Wrack war im Mai 2023 eine kleine Reisegruppe von Österreichern unterwegs. Der Autor dieses Beitrags war dabei. Ziel waren die Kokosinseln oder wie sie auch heißen: Keeling-Islands. Die Inseln sind ein australisches Außengebiet mit der offiziellen Bezeichnung „Territory of Cocos Islands“.  Auf der Karte sind sie schwer zu finden. Die Inselgruppe liegt ungefähr 1000 Kilometer südwestlich von Java und Sumatra. Erreichbar ist sie von Australien aus über den Flughafen Perth. Distanz: rund 3000 Kilometer. Die Inseln bilden einen Archipel. Rund 550 Menschen leben dort – vor allem moslemische Malaien, Nachkommen ehemaliger Zwangsarbeiter. Die Inseln waren die längste Zeit Privatbesitz einer schottisch-stämmigen Familie (Clunies-Ross). Erst 1978 wurde das Gebiet von Australien gekauft. Zuvor hatte sich sogar die UNO wegen der angeblich feudalen Umstände auf der Inselgruppe des Themas angenommen. Landschaftlich sind die Inseln eine Reise wert. Blaues Meer, Palmen und weiße Strände.

Foto: Franz Spitzauer

Ein hoffnungsloses Gefecht

Was also wollte die „Emden“ auf den weltabgelegenen Inseln? Es ist naheliegend und einfach: dem Gegner schaden. Seit 1910 bestand auf einer der Inseln des Archipels (Direction Island) eine britische Überseekabel- und Funkstation. Die sollte zerstört werden.

Foto: Franz Spitzauer

Zu dem Zweck wurde ein Landungszug, kommandiert von Kapitänleutnant Hellmuth von Mücke, mit rund 50 Mann (3 Offiziere, 6 Unteroffiziere, 41 Leute aus dem Mannschaftsstand) abgesetzt. Das Zerstörungswerk gelang großteils. Allerdings schaffte es die Funkstation noch, einen Notruf abzusetzen, den der in der Nähe fahrende australische Kreuzer „Sydney“ auffing (SOS – Strange ship in entrance“ und „SOS Emden here“).

Foto: Franz Spitzauer

Die „Sydney“ lief die Cocos-Inseln an, stellte die „Emden“ und kämpfte sie in einem mehrstündigen Seegefecht nieder. Zum Verhängnis wurde der „Emden“ vor allem die im Vergleich schwache Bewaffnung. Mit ihren zehn 10,5 cm-Geschützen war sie hoffnungslos unterlegen und konnte dem Gegner kaum wirkungsvolle Treffer beibringen, wogegen die Sydney mit ihren acht 15,2 cm-Geschützen rasch und oft ins Ziel traf. Dennoch dauerte das Gefecht mehrere Stunden, bis die „Emden“ arg zerschossen den Kampf einstellen musste. Kommandant von Müller setzte das gerade noch manövrierbare Schiff auf ein Korallenriff vor der Insel North Keeling.

Das Ausmaß der Zerstörung

Die erhaltenen Bilder des zusammengeschossenen Schiffes sehen grauenhaft aus. Ein völlig zerstörtes Oberdeck, umgestürzte Schornsteine, aufgerissenes, von Einschlägen zersiebtes Metall: Ein Wunder, dass es da Überlebende gab. „Das Deck war ein wüster Trümmerhaufen. Man konnte sich nicht laufend oder gehend, sondern nur kletternd fortbewegen.“ 136 Mann der „Emden“ waren gefallen, 197 Überlebende, darunter Schiffsführer Karl von Müller, gingen in Kriegsgefangenschaft, wo sie – bis auf Müller – gut behandelt wurden. Zum Vergleich: Auf der „Sydney“ gab es vier (!) Tote.

Foto: Franz Spitzauer

Die Umstände des Kampfeinstellung waren dramatisch: Weil die Großtoppflagge (das Zeichen, ich kämpfe) auf der „Emden“ auch nach der Strandung noch wehte, wurde sie, obwohl offensichtlich kampfunfähig, weiter beschossen. Doch dann: „Vorn wurde ein weißes Tuch gezeigt. Und mitten durch das Flammenmeer rennend und sein Leben aufs Spiel setzend holte der Matrose Werner die Kriegsflagge nieder.“ Von Bord geholt wurden die Überlebenden der „Emden“ trotzdem erst am nächsten Tag. Zuvor hatten die Australier Kapitän von Müller einen Brief des Kommandanten der „Sydney“ überbracht, in dem es hieß: „Wenn sie sich ergeben, was für Sie keine Schande, sondern lediglich ein Unglück darstellte, werde ich versuchen alles für ihre Kranken und Verwundeten zu tun.“

Foto: Franz Spitzauer

Die Versuche einzelner Emden-Männer, vom Korallenriff aus das Land zu erreichen, scheiterten großteils an der heftigen Brandung. Zwei Wochen nach dem Ende der „Emden“ erhielt ein australisches Schiff (Kanonenboot Cadmus) den Auftrag, die auf dem Schiff gebliebenen Leichen zu bergen – eine, wie man sich angesichts der von Möwen angefressenen und von der Sonne zersetzten Leichen vorstellen kann, grauenhafte Arbeit. Die Berichte der Beteiligten sind unschön. „Damals gab es ja noch keine Gasmasken an Bord. Wir waren schon vom Verwesungsgestank … fast ohnmächtig. Viele Leichen waren fast doppelt so groß wie normal, gräßlich aufgedunsen.“ Nicht überlebt haben das Ende der „Emden“ übrigens auch drei chinesische Wäscher, die seit Tsingtau mit an Bord waren.

Was für eine Odyssee: 50 Mann schlugen sich nach Hause durch

Was wurde aus dem Landungszug der „Emden“? Er entkam den Briten. Ein vor Direction Island liegender, nahezu seeuntauglicher Schoner namens „Ayesha“ wurde in Betrieb genommen, zum deutschen Kriegsschiff erklärt und damit Richtung Holländisch-Indien gesegelt. Dort, vor Sumatra, stieg die Mannschaft auf den deutschen Frachter „Choising“ über, der mit seiner Kohlenfracht für die „Emden“ bestimmt war und fuhr damit bis in den Süden des Roten Meeres, wo in der Nähe von Hodeida im Jemen an Land gegangen wurde.

Foto: Franz Spitzauer

Von hier aus schlug sich der Landungszug, mehrmals angegriffen von Beduinen und unter Opfern, bis in die Gegend nördlich von Mekka durch. Aufgenommen von den mit den Deutschen verbündeten Osmanen und unter Nutzung von Hedschas- und Bagdad-Bahn erreichte die Gruppe schließlich zu Pfingsten 1915 Konstantinopel. Der Führer des Landungszuges, Hellmuth von Mücke, meldete dort bei einem großen militärischen Empfang mit den historisch gewordenen Worten: „Euer Exzellenz, melde gehorsamst, Landungszug SMS Emden zur Stelle.“

Was von der Emden noch übrig ist

Vom Wrack der „Emden“ ist heutzutage nichts mehr zu sehen. Irgendwann ist es vom Korallenriff vor North Keeling gerutscht. Ein japanisches Abbruchunternehmen barg die Schrottreste. Übrig sind noch die Schiffsschraube, Teile der Maschinensektion und andere Metallteile. Die aber liegen mittlerweile in rund 10 Metern Tiefe. Vom Boot aus, also von oben, sind sie nicht zu sehen. Tauchen ist möglich, wegen der starken Brandung und der Strömungen aber gefährlich (nur geführt und nur mit Genehmigung). Ein Landgang auf North Keeling ist nicht möglich, weil Naturschutzgebiet (Pulu-Keeling-Nationalpark, mittlerweile unbewohnt) und gesperrt. Die Gräber der Emden-Männer, die dort liegen, können somit nicht besucht werden.

Foto: Franz Spitzauer

Wie überhaupt der Ort, wo die „Emden“ ihr Ende fand, schwer erreichbar ist. North Keeling liegt weit außerhalb des Hauptarchipels. Mit einem Fischerboot ist North Keeling von der Inselgruppe aus in rund eineinhalb Stunden erreichbar – über offenes Meer und bei gutem Wetter. Schlecht, wer da nicht seetauglich ist. Der Autor dieses Beitrags hat die Mühe auf sich genommen und wurde dafür allein schon durch die geografische Nähe zum letzten Emden-Gefecht entschädigt. Es ist ein Gänsehaut-Ort, zumindest für Marinegeschichtler. Die Erinnerung an die „Emden“ liegt dort in der Luft und tost in der Brandung jenes Korallenriffs, auf das das Schiff in auswegloser Lage aufgesetzt wurde. Es ist ein heroischer Ort, der zum Innehalten und Gedenken förmlich auffordert und der an Ernst Jüngers „In Stahlgewittern“ erinnert. Denn in einem solchen haben sich die Männer der „Emden“ während ihrer letzten Schlacht sicher befunden.

Foto: Franz Spitzauer

Die Erinnerung wird gepflegt

Auf den Cocos/Keeling-Inseln wird die Erinnerung an das „Emden“/“Sydney“-Gefecht gepflegt. Ein liebevoll gestaltetes Museum in Flughafen-Nähe (West Island) und eine Art Freiluftmuseum mit verschiedenen Stationen und entsprechenden Informationstafeln auf Direction Island (also da, wo sich die vom Landungszug zerstörte Funkstation befand) sind die Hauptstätten der Erinnerungskultur, die von australischer Seite sehr hochgehalten wird. Kein Wunder, dass es auch eine Emden-Street gibt.

Foto: Franz Spitzauer

Devotionalien, im Museumsshop auf West Island zu haben, dürfen da nicht fehlen. Darunter Blechtafeln mit der Aufschrift „Honour their memory. Sydney-Emden 100. Cocos Keeling Islands 2014“. Auch in den Post Offices auf den Inseln sind Emden-Items zu haben, wenn auch nicht besonders nachgefragt. Seit vielen Jahren widmet die australische Post dem Emden-Seegefecht Briefmarken und Briefmarkensätze, so zum 75. und zum 100 Jahrestag. Selbst Gedenkmünzen wurden herausgegeben.

Australien hält Erinnerung lebendig

Auch sonst halten die Australier die Erinnerung an die „Emden“ hoch. Die Schiffsglocke der „Emden“ befindet sich im Australien War Memorial in Canberra, ebenso das Heckemblem. Je eines der vom Wrack des Kleinen deutschen Kreuzers geborgenen Geschütze steht in Sydney und Canberra. 2014, 100 Jahre nach dem Seegefecht, gab es große Erinnerungsfeiern sowohl in Australien als auch auf den Cocos/Keeling-Inseln. Dazu waren Nachkommen von Besatzungsmitgliedern der „Emden“ eingeladen. Die aufrechte Erinnerungskultur in Australien hat – neben britischer Sportlichkeit – einen Grund: Die „Emden“ ist dort auch deshalb noch immer ein Begriff, weil sie der einzige Seesieg der australischen Marine bis dato war.

Foto: Franz Spitzauer

Deshalb wurde auch der Mast der „Sydney“ ausgebaut, bevor sie 1929 verschrottet wurde. Der Mast steht seither im Hafen von Sydney und ist seit 2000 ein nationales Mahnmal für alle Gefallenen der australischen Marine. Deutscherseits ist die aktive Erinnerung weniger ausgeprägt. 1927 war das Nachfolgeschiff, der Leichte Kreuzer „Emden“, im Cocos-Archipel, um der WK 1-Emden zu gedenken. Weitere deutsche Marineeinheiten wurden seither und bis auf den heutigen Tag dort nicht gesehen. Eine Stockflagge der „Emden“ und somit die Reichskriegsflagge fand den Weg nach Hause und stand 2009 bei einer Auktion von Hermann Historica zum Verkauf. Die Flagge wurde nach der Seeschlacht vom ersten Navigationsoffizier der „Emden“ Julius Lauterbach gerettet und nach Deutschland gebracht. Durch dessen Witwe kam sie 1955 in die Sammlung Karl Flöck in Köln.

Zu den Dingen, die an die „Emden“ erinnern, zählt übrigens auch ein Modellbausatz. Das Produkt der Firma Revell ist begehrt und mit einem Preis von um die 100 Euro nicht billig. Bei Modellbauern hat die „Emden“ einen Namen. Jeder weiß, worum es geht und alle wollen sie bauen. Dennoch ist die Nachfrage größer als das Angebot. Wie überhaupt weit weniger Schiffe der deutschen Marinegeschichte als Modellbausatz angeboten als geboten wäre.

Was wurde aus den Schiffsführern der Emden?

Der Kapitän der Emden, Karl von Müller, der für seine Leistungen und für sein soldatisches Führertum auch den Pour le Merite-Orden erhalten hat, liegt auf dem Friedhof von Blankenburg (Sachsen-Anhalt) begraben. Seine Nachkommen führen den Namen Müller-Emden. Müller war bis zu seinem Tod 1923 einige Jahre Landtagsabgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei. Detail am Rande und typisch für die deutsche Bürokratie: Als der Antrag auf Verleihung des Pour le Merite-Ordens für von Müller vorlag, schrieb der Chef des Marinekabinetts einen unfreundlichen Zwischenbescheid, in dem es hieß: „War es nicht ein Fehler, die Cocos-Inseln mit ihrer Funkstation anzulaufen?“ Hellmuth von Mücke, der Führer des Landungszuges, betätigte sich nach dem Krieg als Schriftsteller und Politiker: zuerst für die Deutschnationale Volkspartei, dann für die NSDAP. Von beiden Parteien schied er im Unfrieden. Er vermisste bei ihnen eine aufrechte patriotische Linie. Nach 1933 galt er als Nationalbolschewist und Staatsfeind. Nach 1945 engagierte er sich gegen eine Remilitarisierung Deutschlands und geriet in kommunistisches Fahrwasser.

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